Europa-Parteitag Die Grünen wollen den Einfluss der EU stärken

Annalena Baerbock, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, bedankt sich nach ihrer Rede während der 43. Bundesdelegiertenkonferenz für den Applaus. Quelle: dpa

Die Grünen haben Ska Keller und Sven Giegold zu ihren Spitzenkandidaten für die Europawahl im Mai 2019 gekürt. Auf ihrem Parteitag sprachen sie sich zudem dafür aus, dass Vorgaben für die Wirtschaft europäischer werden sollen.

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Die Grünen haben bei ihrem Bundesparteitag in Leipzig die Spitzenkandidaten für Europa gekürt und ihnen den Auftrag zum Umbau des europäischen Asylsystems mitgegeben. Die 36-jährige Ska Keller und der 48-jährige Sven Giegold führen die Liste der Ökopartei für das Europäische Parlament zur Wahl im Mai 2019 an. Beide sind bereits EU-Parlamentarier, Keller führt die Grünen-Fraktion. Sie erhielt am Samstag 87,57 Prozent der Delegiertenstimmen, Giegold 97,88 Prozent.

Giegold stellte den Umweltschutz, das klassische grüne Thema in den Mittelpunkt. Er kündigte an, die EU-weite Abstimmung kommendes Jahr zur „Klimawahl“ zu machen. Vor allem die Deutschen müssten wieder stärker für den Klimaschutz eintreten, die schwarz-rote Bundesregierung versage hier. „Wir müssen heute von Europa zum Klimaschutz getrieben werden, das ist so peinlich“, beklagte er.

In der Flüchtlingspolitik wollen die Grünen nach dem von 850 Delegierten ausgearbeiteten Programm künftig an den EU-Außengrenzen anders vorgehen. Das Dublin-System, wonach Schutzsuchende im zuerst betretenen EU-Land Asyl beantragen müssen, sei gescheitert, heißt es. Es brauche ein neues Verteilungssystem der Ankömmlinge, bei dem die willigen Länder und Kommunen vorangehen sollen. Auch den Euro oder das Schengen-System habe es nur gegeben, weil einzelne vorangegangen seien, begründete Grünen-Chefin Annalena Baerbock vorher. Es brauche legale Fluchtwege, eine Registrierung der Flüchtlinge an der EU-Außengrenze und eine faire Verteilung auf die einzelnen Länder. Da nicht alle Nationalstaaten mitmachten, sei es wichtig, die Kommunen gezielt zu fördern, wenn sie Menschen aufnähmen. Unklar bleibt, wie und von wo abgelehnte Asylbewerber die EU wieder verlassen sollen. Die Grünen räumen ein, dass abgelehnte Zuwanderer wieder ausreisen müssten – sprechen sich allerdings für eine freiwillige Rückkehr aus.

Die Ökopartei hat zwei Wahlerfolge eingefahren und präsentiert sich als potenzielle Regierungspartei, die die SPD ablöst. Spätestens dann aber würden die Widersprüchlichkeiten klar werden, die die Grünen prägen.
von Cordula Tutt

Auch an anderen Stellen des Wahlprogramms für Brüssel geben sich die Grünen als Partei, die der EU mehr Kompetenzen einräumen will. Sie halten Kürzungen der EU-Subventionen für sinnvoll, wenn ein Mitgliedstaat gegen festgeschriebene Grundsätze der Gemeinschaft verstößt. „Das gemeinsame Recht der EU ist nicht verhandelbar, nicht in Budapest, nicht in Warschau und nicht in Wien“, sagte Grünen-Chefin Baerbock. „Die Folgen muss man zu spüren bekommen, auch beim Geld.“ Auch Vorgaben für die Wirtschaft sollen europäischer werden. Das europäische Stromnetz, das bis auf wenige Ausnahmen noch national organisiert ist, soll stärker vernetzt werden. Um Plastikmüll zu verringern, sollen eine europäische Plastiksteuer und Quoten für Mehrwegverpackungen her.

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