US-Präsident macht bei G7 Druck Bidens Anti-China-Kurs: Wie positionieren sich Baerbock und Laschet?

Sie haben derzeit die besten Chancen aufs Kanzleramt: Armin Laschet (CDU) und Annalena Baerbock (Grüne). Wie stehen sie zu China? Quelle: imago images

US-Präsident Joe Biden verlangt Gefolgschaft im Kampf gegen Chinas Vormachtstreben. Wenn die neue Bundesregierung dem folgt, kann das die deutsche Wirtschaft hart treffen. Schon jetzt wird in Berlin um den künftigen Kurs gegenüber Peking gerungen. Wie stehen Armin Laschet und Annalena Baerbock zu China?

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Beim dicht gedrängten Programm des US-Präsidenten in Europa blieb nicht viel Zeit für intensive Vier-Augen-Gespräche, aber der neue Kurs ist klar. Die G7 wollen künftig unfaire Handelspraktiken und Menschenrechtsverletzungen stärker als bisher anprangern. Auf Drängen der USA wird die Kritik an China zum ersten Mal in einem Abschlusskommuniqué der sieben westlichen Führungsnationen so deutlich formuliert.

Für die aktuelle Bundesregierung und auch für künftige Koalitionen in Berlin ist das ein zweischneidiges Schwert: Keine andere Nation profitiert so sehr vom Handel mit China wie Deutschland. „Für die Bundeskanzlerin waren sehr gute Beziehungen zu Peking immer Chefsache“, sagt Heribert Dieter von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin. „Es ist auffällig, wie intensiv sie das Verhältnis zu China gepflegt hat – auch noch zu einem Zeitpunkt, als in anderen westlichen Hauptstädten längst die Skeptiker die Oberhand hatten. Angela Merkel blendet das offensichtlich aus.“

Es gäbe also einiges zu besprechen, wenn Merkel am 15. Juli nach Washington fliegt und erneut mit Biden redet. Geplant ist ein Arbeitsbesuch, aber gleichzeitig wird diese Visite im Weißen Haus wohl Merkels politische Abschiedsreise sein. Danach beginnt in Deutschland der Wahlkampf, bevor Ende September die neue Bundesregierung gewählt wird.

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Deutschlands Sonderrolle in China ist umstritten

Biden weiß, dass er bei der Kanzlerin nicht mehr viel ausrichten kann, wenn er die westlichen Verbündeten auf eine härtere Gangart gegenüber China und Russland einschwört. Gerade Deutschland hat – mit stetiger Förderung aller Bundesregierungen seit Helmut Kohl übrigens – stetig intensive politische und wirtschaftliche Verbindungen zu China entwickelt. Auch Merkel ist in ihrer langen Regierungszeit seit 2005 jedes Jahr nach China geflogen – stets in Begleitung der wichtigsten deutschen Unternehmensführer. Es wurden regelmäßige deutsch-chinesische Regierungskonsultation etabliert und das Geschäft blühte. Natürlich gab es auch einen „Menschenrechtsdialog“, aber die Export- und Geschäftsinteressen der deutschen Wirtschaft standen stets im Vordergrund. Auch deshalb sind die deutschen Unternehmen im Reich der Mitte heute so erfolgreich, auch deshalb investieren chinesische Firmen und Staatsfons in Deutschland gewaltige Summen, auch deshalb kann Huawei hier kritische Netzinfrastruktur verkaufen – und in anderen EU-Staaten nicht. „Deutschland hat derzeit noch eine Sonderrolle inne: Kaum ein anderes Land arbeitet so reibungslos und störungsfrei mit China zusammen“, sagt SWP-Experte Dieter.  

Droht eine Eiszeit zwischen USA und China?

Die Frage ist: Wie lange geht das jetzt noch gut? Wenn zwischen China und den USA eine neue Eiszeit anbricht und Deutschland von Präsident Biden an die Seite Amerikas gezwungen wird – leiden dann nicht zwangsläufig die Interessen der deutschen Wirtschaft? „Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass die deutsche Sonderrolle in China nach der Bundestagswahl in jedem Fall Geschichte sein wird“, prognostiziert Dieter. „Berlin wird sich einreihen im Chor der Kritiker, die Chinas Gebaren auf der Weltbühne nicht einfach hinnehmen wollen. Seit 2018 setzt sich immer mehr die Lesart durch, dass China sich demokratischen und marktwirtschaftlichen Regeln nicht unterwerfen wird.“

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Die Geduld der USA scheint jedenfalls erschöpft. Dass Biden der europäischen und vor allem der deutschen Nachgiebigkeit gegenüber China (und auch Russland) nicht mehr weiter zuschauen will, hat der US-Präsident gleich zu Beginn seiner Amtszeit deutlich gemacht – und jetzt bei seinem Europabesuch wiederholt. Die anhaltende Diskussion um die Nord-Stream-Pipeline und Huawei sind nur zwei von vielen Streitpunkten. Mit großem Missfallen haben Biden und sein Team schon während des US-Wahlkampfs beobachtet, dass die EU und China noch schnell ein Investitionsschutzabkommen geschlossen haben, bevor in Washington eine neue Administration gebildet werden konnte. Dass gerade Deutschland und die Kanzlerin dabei eine treibende Rolle einnahmen, ist den Amerikanern nicht verborgen geblieben. Biden betrachtet China als gefährlichsten Gegner der Freiheit und will Pekings Griff nach der Weltherrschaft nach Möglichkeit verhindern – auch und gerade um den Preis ökonomischer Konsequenzen.

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