Fachleute als Abgeordnete Wirtschaftsexperten für den Bundestag

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Carsten Linnemann, CDU, 31, kandidiert im Wahlkreis Paderborn und Schloß Holte-Stutenbrock. Der promovierte Volkswirt war Analyst bei der Deutschen Bank. Heute arbeitet er als Konjunktur- und Mittelstandsexperte bei der IKB Deutshe Industriebank Quelle: Stefan Kröger für WirtschaftsWoche

Promo- vierter Volkswirt, ehemals Analyst bei der Deutschen Bank und heute Mittelstandsexperte der IKB – ausgerechnet jener Bank , die am Anfang der deutschen Finanzkrise stand. Sein Lebenslauf weist Carsten Linnemann als echten Wirtschaftsfachmann aus. Sympathiepunkte erwirbt er damit derzeit allerdings kaum. Auch wenn er immer wieder sagt, dass er sich bei der Deutschen Bank um den Mittelstand gekümmert habe, nicht etwa um faule Kredite. Und dass er erst 14 Tage vor Ausbruch der Krise zur IKB gewechselt sei. Inzwischen aber macht Linnemann aus der Not eine Tugend. Im Wahlkampf reist er durch die Lande, um die Finanzkrise zu erklären. Und um zu beruhigen. Den Menschen, sagt er, fehle bisher die Orientierung.

Reinhard Göhner, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) schätzt Linnemann als „guten Wirtschaftspolitiker“. Und Norbert Walter, Chef-Volkswirt der Deutschen Bank, lobt seinen ehemaligen Mitarbeiter für die Treue zu „marktwirtschaftlichen Werten“. Linnemann sei politisch engagiert, obwohl er über das „damit verbundene Arbeitsleid keinerlei Illusionen“ habe.

Eine Zeit lang hat Linnemann auch als Referent des Wirtschaftsprofessors Walter gearbeitet. Von ihm habe er gelernt, dass man mit konsequenten Argumenten selbst dann Zustimmung finden könne, wenn sie nicht dem Zeitgeist entsprächen. Und Carsten Linnemann steht für vieles, was derzeit nicht dem Zeitgeist entspricht, auch nicht in der CDU. Er findet Studiengebühren richtig, den Mindestlohn gefährlich und eine schnelle Steuerentlastung wichtig.

Zuwenig Ökonomen und Unternehmer in der Politik

Während des Stuttgarter CDU-Parteitags im Dezember fiel er den Bundestagsabgeordneten auf, als er bei einem Treffen der Mittelstandsvereinigung eine schnelle Steuerreform forderte. Auch wenn die Kanzlerin das anders sah. „Ich lasse mir das Rückgrat nicht verbiegen“, sagt Linnemann. Die kalte Progression müsse abgeschafft werden, und zwar schnell. Jemand, der in der CDU viel zu sagen hat, nahm ihn nach seinem Auftritt zur Seite und raunte ihm zu: „Ich wünsche Ihnen viel Glück. Aber als Wirtschaftspolitiker in der CDU tun Sie mir jetzt schon leid.“

Ökonomen sind im Parlament bislang Mangelware, Unternehmer die Ausnahme. Zu einer echten Rarität ist im Bundestag inzwischen aber eine besondere Spezies geworden: In der Statistik findet sich unter 612 Abgeordneten nur eine Handvoll Handwerker. Wirtschaftsminister Michael Glos ist gelernter Müllermeister. Bäckermeister Ernst Hinsken, Tourismus-Beauftragter der Regierung, produziert in der eigenen Backstube Elisen-Lebkuchen, die er zum Jahresende an Parteifreunde verschenkt. Und Ex-Arbeitsminister Walter Riester, gelernter Fliesenleger, pflegt sein Häuschen stets selbst zu renovieren. Solchen Personalien zum Trotz – um den Mittelstand hat sich die Bundesregierung bisher nicht besonders verdient gemacht.

Mittelständler für die FDP

Nun aber zieht Manfred Todtenhausen aus, die Statistik zu bereichern. Und die Wirtschaftspolitik sowieso. Es war im November, als die nordrhein-westfälische FDP ihre Liste für die Wahl aufstellte. Manfred Todtenhausen, Schnauzbartträger aus Leidenschaft und bekennender Wuppertaler, bewarb sich mit flammender Rede. „Ich bin der kleine Handwerksmeister, von dem immer nur gesprochen wird, der aber nie zu Wort kommt“, brüllte er ins Mikrofon.

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