Fall Graichen „Bild“: Designierter Dena-Chef zieht sich freiwillig zurück

Wirtschaftsminister Robert Habeck und Staatssekretär Patrick Graichen. Wegen persönlicher Verflechtungen bei der Besetzung eines Spitzenpostens ist Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen unter Druck geraten. Quelle: dpa

Seine Personalie war der Auslöser der Debatten im Fall Graichen. Nun verzichtet Michael Schäfer laut Medienberichten auf den Chefposten bei der Deutschen Energie-Agentur (Dena).

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Wegen seiner persönlichen Verflechtung mit dem Wirtschaftsministerium verzichtet Michael Schäfer nach Informationen der „Bild“-Zeitung auf den Chefposten bei der Deutschen Energie-Agentur (Dena). Dem Bericht vom Dienstag zufolge wurde vereinbart, dass Schäfer freiwillig von seinem Vertrag zurücktritt und damit auch auf eine finanzielle Entschädigung verzichtet. Die Dena wollte sich auf Nachfrage allerdings nicht dazu äußern und verwies lediglich auf laufende Gespräche.

Schäfer, der den neuen Posten eigentlich am 15. Juni antreten sollte, ist der Trauzeuge von Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen, der wiederum in der Findungskommission saß, die Schäfer für den Posten vorgeschlagen hatte. Nachdem dies publik geworden war, hatte der Aufsichtsrat des Bundesunternehmens am vergangenen Freitag beschlossen, die Stelle neu auszuschreiben.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), der dazu am Mittwoch von Abgeordneten des Bundestags befragt werden soll, sagte volle Offenheit zu. „Das Bemühen, der Ansatz und auch, würde ich sagen, die Realität ist, dass wir da an jeder Stelle Transparenz schaffen“, betonte Habeck am Dienstag. „Und das wird morgen sicherlich auch im Ausschuss erfolgen.“

Vertreter der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag hatten darauf gedrungen, dass Habeck und Graichen sowohl im Wirtschaftsausschuss als auch im Ausschuss für Klimaschutz und Energie befragt werden. Im Vorfeld war aber auch eine gemeinsame Anhörung beider Ausschüsse im Gespräch. Darüber hinaus soll es am Mittwochnachmittag im Plenum eine Aktuelle Stunde geben.

Kritik entzündet sich auch an weiteren personellen Verflechtungen in Habecks Ministerium: Graichens Schwester, die mit dessen Staatssekretärs-Kollegen Michael Kellner verheiratet ist, arbeitet beim Öko-Institut - einer Forschungseinrichtung, die Aufträge vom Bund bekommt. Das Ministerium betont allerdings, Kellner und Graichen seien nicht an Ausschreibungen beteiligt gewesen, auf die sich das Öko-Institut hätte bewerben können.

Um den Vorwurf der Vetternwirtschaft zu entkräften, veröffentlichte das Wirtschaftsministerium am Dienstag Listen mit Aufträgen und Zuwendungen an die Umweltschutzorganisation BUND, die Denkfabrik Agora Energiewende und das Öko-Institut. Daraus geht zumindest hervor, dass es bereits vor dem Amtsantritt der Ampel-Regierung Ende 2021 diverse Aufträge und Zahlungen an diese drei Organisationen gab.

So wurden Agora Energiewende unter dem damaligen CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier für drei Projekte insgesamt rund 4,6 Millionen Euro bewilligt. Die BUND-Jugend bekam im Oktober 2020 mehr als 800 000 Euro für die Klimakonferenz „Local Conference of Youth“ zugesprochen, und dem Öko-Institut wurden zur Analyse und Bewertung von Klimamaßnahmen und Förderprogrammen seit 2019 sogar knapp 6,5 Millionen Euro zuerkannt. Die Vollständigkeit dieser Listen ist allerdings nicht überprüfbar.

Auch das Öko-Institut selber äußerte sich am Dienstag und betonte, dass man schon seit Jahren Aufträge und Zuwendungen von verschiedenen Bundesregierungen erhalte - „von Ministerinnen und Ministern der CDU und der CSU, der SPD, der FDP und der Grünen“.

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