Familiennachzug Bundesrat billigt Begrenzungspläne der Regierung

Die Aussetzung des Familiennachzugs hat nun die letzte Hürde genommen – trotz vehementen Widerstands aus mehreren Bundesländern.

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Familiennachzug: Bundesrat billigt Begrenzungspläne der Regierung Quelle: dpa

Berlin Der Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus bleibt bis Ende Juli ausgesetzt. Ab 1. August soll es für diese Gruppe nur in sehr begrenztem Umfang möglich sein, enge Angehörige nach Deutschland nachzuholen. Der Bundesrat ließ die Gesetzespläne am Freitag passieren. Schleswig-Holstein hatte dafür plädiert, das Vorhaben vorerst zu stoppen und den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat anzurufen. Das Land konnte für diesen Vorstoß aber nicht die nötige Mehrheit erreichen - obwohl auch aus anderen Bundesländern Kritik an der Regelung kam.

Sogenannte subsidiär Schutzberechtigte dürfen seit März 2016 keine Angehörigen mehr nach Deutschland nachholen. Die große Koalition hatte den Anspruch darauf damals angesichts sehr hoher Flüchtlingszahlen für zwei Jahre ausgesetzt: bis Mitte März 2018. Nun bleibt den Betroffenen dies auch für viereinhalb weitere Monate komplett verwehrt. Unter ihnen sind besonders viele Syrer.

Subsidiär Schutzberechtigte sind Menschen, die nicht als politisch verfolgt gelten und auch keinen Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention bekommen, aber trotzdem in Deutschland bleiben dürfen, weil ihnen in der Heimat „ernsthafter Schaden“ droht - wie Folter, Todesstrafe oder willkürliche Gewalt in einem bewaffneten Konflikt. Sie bekommen zunächst nur eine Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr, die danach jeweils um zwei Jahre verlängert werden kann.

Das Bundesinnenministerium argumentiert unter anderem, wegen des vorübergehenden Bleiberechts habe diese Gruppe keinen generellen Anspruch darauf, Angehörige nachzuholen. Der geschäftsführende Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), sagte, mit der Bundesratsentscheidung sei der Weg frei für den „klugen und ausgewogenen Kompromiss“. Es gebe künftig ein begrenztes Kontingent „statt Ansprüche einer nicht vorhersehbaren Zahl von Antragstellern“.

Union und SPD hatten sich bei ihren Koalitionsverhandlungen vorab auf den Kompromiss zum Familiennachzug verständigt, um kurz vor Ablauf der Frist Mitte März eine Übergangsregelung auf den Weg zu bringen. Ab 1. August soll einer begrenzten Zahl von bis zu 1.000 Familienangehörigen pro Monat der Nachzug wieder erlaubt werden, also maximal 12.000 pro Jahr. Wie genau sie ausgewählt werden, ist unklar. Ein genereller Anspruch auf Familiennachzug ist für diese Gruppe also auch mit der Neuregelung nicht vorgesehen. Der Staat kann Betroffenen aus dieser Gruppe dann eine Aufenthaltserlaubnis geben, muss es aber nicht.

Zusätzlich sollen Härtefälle berücksichtigt werden. Außerdem haben die Bundesländer auch in Zukunft die Möglichkeit, aus humanitären Gründen zusätzlich Flüchtlinge aufzunehmen. Details der Neuregelung wollen Union und SPD noch klären, sofern es zu einer weiteren großen Koalition kommt. Dazu ist ein weiteres Gesetz geplant.

Menschenrechtsorganisationen und Sozialverbände verurteilen die Beschränkung des Familiennachzugs seit langem und reagierten enttäuscht auf die Bundesratsentscheidung. Sie halten die Regelung für unbarmherzig, familienfeindlich und unvereinbar mit Grundrechten.

Auch Schleswig-Holstein hatte Einwände vorgebracht und die Pläne stoppen wollen - allerdings erfolglos. Auch Vertreter anderer Länder äußerten sich kritisch zur Begrenzung des Familiennachzugs und werteten diese als Integrationshindernis. Wegen interner Differenzen in ihrer jeweiligen Landesregierung mussten sie sich aber enthalten.

Dies gilt etwa für die rot-rot-grüne Koalition in Berlin. Die Berliner Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) und Europasenator Klaus Lederer (Linke) kritisierten, die Aussetzung des Familiennachzugs sei falsch. Eigentlich sei dies auch die gemeinsame Haltung der Berliner Landesregierung. Der SPD sei die Treue zur geplanten großen Koalition im Bund aber wichtiger gewesen.

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