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FDP-Bundesparteitag Neuer Teamgeist in der Individualistenpartei

Auf ihrem Parteitag zeigt die FDP neues Selbstbewusstsein: Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner will jedoch keine Rückkehr zu gewohnter liberaler Normalität. Er setzt stattdessen auf den neuen Teamgeist in der Führung.

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FDP-Bundesvorsitzender Christian Lindner beim Bundesparteitag der Freien Demokraten. Quelle: dpa Picture-Alliance

Christian Lindner möchte und muss einen Widerspruch pflegen und gleichzeitig auflösen. „Wir sind eine Partei von Individualisten“, verkündet der Chef der FDP entsprechend dem traditionellen Selbstverständnis. Einerseits. Andererseits möchte er zu viel Eigensinn gern vermeiden. Denn nur durch den Verzicht auf Profilierungs-Alleingänge und persönlichen Streit hätten es die Liberalen nach der krachenden Niederlage bei der Bundestagswahl 2013 geschafft, aus den Trümmern der Partei hervorzukrabbeln.

Die Zusammenarbeit in der neuen Führung sei „von einem Teamgeist geprägt, wie ich es von einem politischen Führungsgremium noch nicht kannte“. Kunststück, bisher war Lindner ja auch nur in der FDP aktiv. „Für eine Partei ist der persönlich ausgetragene Konflikt der Tod. Deshalb will ich nie wieder in diese Zeit zurück.“ Die Zukunft ist die neue Freieinigkeit.

Die FDP kehrt zurück in die Bremer Bürgerschaft
Für die FDP war 2014 ein hartes Jahr. Nachdem die Liberalen 2013 aus dem Bundestag flogen, ging es mit jeder Wahl weiter bergab. Die Thüringen-Wahl sollte den Umbruch bringen – brachte sie aber nicht. Es gelang der FDP nicht die Wähler anzusprechen. Das Ergebnis: Sie flog aus dem Landtag. Im Anschluss machte sich Ratlosigkeit und Hoffnungslosigkeit breit. Quelle: dpa
Am selben Tag flog die FDP auch aus dem Brandenburger Landtag. Mit dem selbstironischen Slogan „Keine Sau braucht die FDP“ versuchten die Liberalen für sich zu werben. Vergeblich. Die FDP verabschiedete sich aus dem dritten Landtag in Folge. Der FDP-Chef Christian Lindner hatte jetzt einen klaren Auftrag: Neue Themen setzen, neue Köpfe etablieren und den Fall der Partei in die Nichtigkeit abzuwenden. Quelle: dpa
Den Aufbruch wollte der FDP-Parteivorsitzende Christian Lindner im Stuttgarter Opernhaus beim traditionellen Dreikönigstreffen der Partei einläuten. Die FDP präsentierte sich mit einem neuen Logo und neuen Farben und wollte sich als neue Partei verkaufen. Quelle: dpa
Für Aufsehen sorgte Lindner mit seiner Wutrede im nordrhein-westfälischen Landtag. Nachdem ihn SPD-Mann Volker Münchow mit einem Zwischenruf unterbrach, lederte Lindner los: Mit ihm, dem FDP-Bundesvorsitzenden, könne Münchow das machen. "Aber welchen Eindruck macht so ein dümmlicher Zwischenruf wie Ihrer auf irgendeinen gründungswilligen jungen Menschen?", fragt Lindner. "Was ist das für ein Eindruck?" Die Frage, glaubt Lindner wohl, beantwortet sich von selbst. Der Rede wurde zum Internet-Hit. Quelle: dpa
Zum Viralhit wurde auch die Kampagne der Hamburger FDP-Spitzenkandidatin Katja Suding (m.). In Anlehnung an die Hollywood-Heldinnen „Drei Engel für Charlie“ ließ sich die Politikerin mit ihren Parteifreundinnen, der Bremer FDP-Spitzenkandidatin Lencke Steiner (l.) und FDP-Generalsekretärin Nicola Beer für das Promi-Magazin „Gala“ in Szene setzen. Die Kampagne erntete viel Hohn – allerdings dürfte das Suding jetzt egal sein. Quelle: dpa
Denn Suding hat in Hamburg gepunktet und den Abstieg der Partei verhindert. „Das Wahlergebnis ist ein Erfolg der ganzen FDP“, verkündet sie via Twitter. Mit sieben Prozent der Stimmen ist die FDP sicher in der Bürgerschaft. Damit haben die Liberalen erstmals seit der desaströsen Bundestagswahl 2013 den Sprung in ein Landesparlament geschafft. In der FDP herrscht wieder Aufbruchsstimmung. Quelle: dpa
Diese gute Stimmung hat sich nach der Bremen-Wahl verfestigt. Die FDP holte nach ersten Prognose 6,5 Prozent der Stimmen - mehr als zuvor erwartet. Christian Lindner zeigte sich erleichtert: "Der Erfolg in Hamburg war kein Zufallsergebnis." Quelle: dpa

Deshalb aber ermahnt er auch alle potenziellen Abweichler, nicht auszuscheren. Und nimmt ehemalige Abtrünnige generös auf, wenn sie denn Wohlverhalten zusichern. Wahlkämpfe ohne oder gegen die Bundespartei schadeten nur: „Wer es allein versucht, dann haben wir keinen Erfolg“, stellt Lindner etwas holperig fest. Und fügt ansatzlos hinzu: „Willkommen zurück Holger Zastrow, willkommen zurück liebe Sachsen.“ Die ostdeutschen Parteifreunde hatten ihren Landtagswahlkampf mit dezidiert anderen Positionen betrieben – und waren dennoch im Strudel des negativen Bundestrends untergegangen. Monatelang hatte sich der Sachse Zastrow deshalb aus dem Parteipräsidium zurückgezogen – nun will er wieder mittun.

Beim letzten Parteitag hatten Zastrow und Lindner noch darüber gestritten, ob „Machete oder Florett“ die richtige Waffe für die politische Auseinandersetzung sei. Der Hamburger Bürgerschaftswahlkampf Anfang des Jahres, der erste unter neuer Optik und Ausrichtung, habe aber laut Lindner gezeigt, dass es für die FDP noch einen dritten Weg gäbe: „Nicht gegen etwas kämpfen, sondern für etwas. Verliebt ins Gelingen.“ Spitzenkandidatin Katja Suding sei damit „die Eisbrecherin für die FDP“. Und der Landtagswahlerfolg in Bremen vom vergangenen Wochenende mit der jungen Unternehmerin Lencke Steiner beweise: „Die Menschen sind bereit, uns eine neue Chancen einzuräumen.“ Den Freidemokraten müsse es gelingen, noch mehr Seiteneinsteiger wie die bis dato parteilose Steiner für eine Kandidatur zu gewinnen: „Wir betrachten es als ein Privileg, dass Menschen von außerhalb Partei für die Freiheit ergreifen“, ruft Lindner in den Saal. „An alle freiheitsliebenden Menschen in der Republik: Hier seid Ihr willkommen, jetzt ist der richtige Zeitpunkt, die Kraft der Freiheit zu stärken.“

Angesichts so viel ermutigender Zeichen möchte der Vorsitzende auch vermeiden, dass die bisherige Führungstruppe groß durcheinander gewirbelt wird. Deshalb lobt er auch seine Stellvertreterin Marie-Agnes Strack-Zimmermann über alle Maßen. Ihr droht eine Kampfkandidatur des bayerischen Landeschefs Albert Duin. Der Vollblutunternehmer mit dem Zeug zum Volkstribun möchte gern gegen die Kommunalpolitikerin aus Düsseldorf antreten, die auch im eigenen Landesverband nicht überall beliebt ist. Aber sie ist Lindners Erfindung, was ihr das Amt retten könnte – schließlich will niemand den großen Vorsitzenden beschädigen.

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