FDP-Parteitag Schlachtfest bei der FDP

Die Delegierten halten sich nicht an Absprachen und wählen einfach, wen sie wollen. Das Resultat: zwei demolierte Bundesminister. Ein Blick hinter die Kulissen des Parteitagsgeschachers.

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Mit knapp 86 Prozent wird Philipp Rösler erneut zum FDP-Parteichef gewählt. Quelle: dpa

Parteitage, das sagt man immer so, entwickeln ihre eigene Dynamik. Dann platzen die Absprachen, die einzelne Landesverbände untereinander schmieden, um ihren Kandidaten sichere Mehrheiten zu organisieren. Selten war das so schön und spannend zu besichtigen wie am Samstag bei der Wahl des FDP-Präsidiums, des höchsten Führungsgremiums der Partei. Der Anfang lief noch ganz nach Plan. Der Vorsitzende Philipp Rösler bekam nach einer ordentlichen Rede ein sehr ordentliches Ergebnis. Knapp 86 Prozent können sich in einer liberalen Partei sehen lassen.
Als erster Stellvertreter kommt Christian Lindner neu ins Präsidium, jener Mann, der seinem Vorsitzenden Rösler einst während des Mitgliederentscheids zum Euro Knall auf Fall von der Fahne ging. Lindner hatte danach mal in kleinem Kreis gesagt, nicht in ein Präsidium unter Rösler einzutreten. Nun jedoch gelte es, alle Kräfte
für den Wahlerfolg im Bund zu bündeln. Aber der Parteitag stuft fein ab: Lindner bekommt knapp 78 Prozent – ein deutlicher Abstand zum Vorsitzenden. Das Signal an den Rückkehrer Lindner: bitte nicht gleich übermütig werden. Und mit immerhin auch einem kleinen Rückstand auf Rösler geht Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ins Ziel. Ihr war ein besseres Ergebnis zugetraut worden, auch deshalb, weil ein gutes Resultat für sie den Führungsanspruch Röslers ohnehin nicht gefährdet hätte.

Doch schon beim dritten stellvertretenden Parteivorsitzenden platzt die fein justierte Dramaturgie auseinander. Dort tritt die bisher an der ersten Position platzierte frühere Fraktionsvorsitzende Birgit Homburger an, die oben von Lindner verdrängt worden war. Sie trifft in einer Kampfkandidatur auf den Sachsen Holger Zastrow, schon bisher auf Position drei im Amt. Der Vorsitzende Rösler unterstützte beide, weil er sich nicht zwischen ihnen entscheiden konnte und wollte. Schließlich gehörten beide zu den wenigen aus der Führung, die in der Führungskrise stets loyal zu Rösler standen. Aber so sich für beide einsetzen, dass er den Neuling Lindner gestoppt hätte, das traute sich Rösler nicht. Zastrow kann in die Waagschale werfen, dass er der einzige Unternehmer im Präsidium wäre, zudem Kommunalpolitiker und Repräsentant des wirtschaftsliberalen Flügels. Und er hat auch deshalb die Sympathien der Basis. Aber der Dresdner, den Rösler eingangs des Parteitags einen
„Dickschädel“ geheißen hatte, stellt sich dem Parteitag in der Bewerbungsrede ungeschickt vor. Homburger dagegen, die von sich selbst zu Recht sagt, ihre Stärke sei nicht das „geschliffene Wort“; präsentiert sich so gut wie nie. Sie ist in der Partei nicht beliebt, nicht mal im eigenen baden-württembergischen Landesverband, aber sie ist bienenfleißig, hartnäckig. Und rein formal ist sie in der Vorhand, denn die Verbände der Südschiene, die sich mit Nordrhein-Westfalen für die Wahlen abgesprochen haben, müssten ihr eine kommode Mehrheit verschaffen.

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