




Nicht besser fällt Lindners Bewertung der großkoalitionären Rentenpolitik aus. Klar sei auch für die FDP: “Jeder, der lange gearbeitet hat, verdient nicht nur unsere Anerkennung, sondern auch eine ordentliche Rente.“ Allerdings müsse der Generationenvertrag, der Senioren, Aktive und Kinder verbinde, auch alle drei Gruppen fair behandeln. „Der Verband der Gesetzlichen Rentenversicherung selbst sagt, die Rentenpläne seien nicht sachgerecht finanziert.“ Zudem reiche die bisherige Finanzierung – mit dem Griff in die Beitragskasse - nur bis 2017. „Deutschland braucht aber eine Bundesregierung, die länger als vier Jahre rechnen kann.“ Auf Deutschland komme eine „demographische Sintflut zu, und Andrea Nahles lässt gerade die Deiche abtragen. Wir wollen unsere Rentenversicherung sturmfest machen.“ Nach aktuellen Umfragen sorgten sich 80 Prozent der 30- bis 44Jährigen um die Zukunft ihrer Altersvorsorge.
Zudem will die FDP weg von starren Daten für den Eintritt in den Ruhestand. Weder die Rente mit 67 noch mit 63 oder 70 würde den Bedürfnissen der Menschen gerecht. „Sowenig wie wir Einheitsbürger haben, haben wir Einheitsrentner. Der Staat soll den Menschen die Entscheidung über ihr Leben übertragen.“ Jeder solle selbst entscheiden, wann er in den Ruhestand gehen wolle. Was Lindner in der Rede nicht sagt: Wer vorzeitig aus dem Arbeitsleben ausscheiden will, muss dann auch mit niedrigerer Rente rechnen – schließlich verschiebt sich das Verhältnis zwischen der Einzahlungs- und der Auszahlungszeit.





Der Vorsitzende will den verzagten Liberalen auch so viel Selbstvertrauen einhauchen, dass sie sich wieder zur Steuerpolitik äußern. Im Hintergrund hatte der erfahrene Finanzreformer Hermann Otto Solms sehr dafür geworben, dieses klassische FDP-Thema nicht weiter zu meiden. Nun geht Lindner zum Angriff auf die kalte Progression über.
„Kalte Progression ist dafür ein viel zu technisches, ein zu vornehmes Wort. Die Wahrheit ist: Wolfgang Schäuble bereichert sich am Lohnplus der Facharbeiter.“
Wie der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel und andere Genossen beruft sich auch der oberste Freidemokrat auf das Votum der Gewerkschaften, die die von ihnen ausgehandelten Tarifsteigerungen bei ihren Mitgliedern ankommen lassen wollen. Das Scheitern der FDP in der vergangenen Legislaturperiode geht Lindner nun offensiv an: „Ja, uns ist es nicht gelungen, bei der kalten Progression zu einem richtigen Schritt zu gelangen. Aber nur, weil wir am rot-grünen Widerstand gescheitert sind, werden wir nicht von einer richtigen Idee ablassen.“ Wenn selbst die Gewerkschaften nun auf eine Steuersenkung drängten, „dann wird sich die FDP nicht einem Schweigegelübde unterwerfen“.