




Was für ein Zufall! Just am Dienstag dieser Woche, wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel in Kopenhagen zu Besuch ist, entscheidet das dänische Parlament über ein historisches Baugesetz. Die Abgeordneten werden im Folketing den Bau des Fehmarnbelt-Tunnels verabschieden, der ab 2021 Dänemark und Deutschland per Schiene und Straße verbinden soll. Dies ist nicht nur ein finanzieller Gewaltakt, sondern könnte für Merkel auch eine Lehrstunde sein, wie sich selbst ein so großes Projekt schnell und solide realisieren lässt. Mehr als sieben Milliarden Euro wollen es sich die Dänen kosten lassen, die Fahrt über den Belt von mehr als einer Stunde auf der Fähre auf wenige Minuten im Auto oder Zug zu verkürzen.
Zustand der Brücken an Fernstraßen in Schulnoten
Nur 4,0 Prozent der Brücken an Fernstraßen sind in einem sehr guten Zustand.
Quelle: Bundesverkehrsministerium
9,8 Prozent der Brücken erhielten die Benotung "Gut".
Quelle: Bundesverkehrsministerium
Die meisten Brücken an deutschen Fernstraßen sind in einem befriedigenden Zustand. Mit der Schulnote 3 wurden rund 39,4 Prozent der Brücken bewertet.
Quelle: Bundesverkehrsministerium
Gerade noch akzeptabel ist der Zustand von 33,3 Prozent der Brücken. Sie erhielten die Note "Noch ausreichend".
Quelle: Bundesverkehrsministerium
"Nicht ausreichend" ist der Zustand von 11,8 Prozent der Brücken an Fernstraßen.
Quelle: Bundesverkehrsministerium
Die schlechteste Note "ungenügend" erhielten 1,7 Prozent der Brücken.
Quelle: Bundesverkehrsministerium
Während deutsche Verkehrsprojekte wie der Flughafen BER, die maroden Autobahnbrücken und der Bahnhof S21 die Republik aufwühlen, baut der kleine Nachbar ein Großprojekt nach dem anderen. So zog Dänemark eine 18 Kilometer lange Brücke über den Großen Belt, später ein fast acht Kilometer langes Pendant zwischen Kopenhagen und dem schwedischen Malmö. „Wir haben langjährige Erfahrungen mit Megaprojekten“, sagt der dänische Verkehrsminister Magnus Heunicke. „Und wir sind stolz drauf.“
Statt Projektkosten niedrig zu rechnen, um sie politisch durchzudrücken, wie dies in Deutschland üblich ist, sind die Kosten für den 17 Kilometer langen Fehmarnbelt-Tunnel in etwa realistisch veranschlagt. Die Konzerne, die Schienen, Straßen und Tunnelröhren in den Meeresboden verlegen wollen, gaben Ende 2014 Angebote ab. „Das Parlament kennt die Gebote und das wahrscheinliche Szenario“, sagt Jacob Brandt von der Anwaltskanzlei Bech-Bruun, die die Ausschreibung begleitet hat.

Zudem kostet die dänischen Steuerzahler der Milliardenbau quasi nichts. Das Projekt wird über die 100-prozentige Staatstochter Femern abgewickelt. Dank öffentlicher Garantien kann sie sich auf dem Kapitalmarkt günstig finanzieren – derzeit sind die Zinsen sogar negativ. Femern entscheidet dann über die Höhe von Mautgebühren. In 33 Jahren sollen die Einnahmen die Kredite komplett abgelöst haben.
Schleswig-Holstein will nun bei der neuen Autobahn A 20 mit Nord-West-Umfahrung Hamburgs auch so bauen. Eine staatliche Projektgesellschaft nach dänischem Vorbild soll einen Tunnel unter die Elbe verlegen – finanziert durch Nutzergebühren. Das sei „rechtlich möglich und mit Europarecht vereinbar“, heißt es in einem Gutachten. Die Abstimmungen laufen.
Das Projekt passt in das Konzept von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD). Auch er will eine Infrastrukturgesellschaft gründen, die Autobahnen bauen, betreiben und unterhalten soll – finanziert über die Maut und privates Kapital. So macht es auch Österreich. Unklar ist, ob der deutsche Staat die Investitionen garantiert und wie unabhängig die Gesellschaft agiert. Auch der Starttermin steht noch aus.
Der Fehmarnbelt-Tunnel könnte dann schon offen sein. Kopenhagens Oberbürgermeister Frank Jensen träumt schon von Olympischen Spielen 2024, sollte Hamburg den Zuschlag bekommen. „Wir könnten einen Teil der Wettkämpfe übernehmen.“ Hamburg spare Geld. „Auch ein Radrennen durch den Tunnel wäre möglich.“