Finanzreport Kommunen in Deutschland verzeichnen Milliardenplus

Süddeutsche Städte verzeichnen ein Plus in den Kassen. Weiter nördlich nutzen verschuldete Städte, Gemeinden und Kreise niedrige Zinsen zur Kreditaufnahme. Der erwirtschaftete Milliardenüberschuss birgt jedoch Gefahren.

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Insgesamt höhere Steuereinnahmen sind für das Wachstum von sechs Prozent ausschlaggebend. Quelle: dpa

Gütersloh Die Kommunen in Deutschland haben im vergangenen Jahr erneut einen Milliardenüberschuss erwirtschaftet. Der Kommunale Finanzreport der Bertelsmann-Stiftung bezeichnet 2016 mit einem Plus von 4,5 Milliarden Euro sogar als bestes Jahr seit 2008. Vor allem Städte, Kreise und Gemeinden in Bayern und Baden-Württemberg sorgten für den Überschuss.

Ausschlaggebend für das gute Gesamtergebnis waren insgesamt höhere Einnahmen. Besonders höhere Steuereinnahmen und Zuweisungen sorgten für das Einnahmeplus von sechs Prozent. Damit seien die um fünf Prozent gestiegenen Ausgaben mehr als aufgefangen worden, teilte die Stiftung am Mittwoch in Gütersloh mit. In Brandenburg, Thüringen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein fielen die Ausgaben allerdings höher aus als die Einnahmen. „Die Schere zwischen den armen und reichen Kommunen öffnet sich“, sagte Kirsten Witte, Kommunalexpertin der Stiftung.

Kassenkredite dienen der kurzfristigen Finanzierung fälliger laufender Verwaltungsausgaben und sind vergleichbar mit Dispokrediten in Privathaushalten.

Die mit Abstand höchste Pro-Kopf-Verschuldung weisen das Saarland (3733 Euro), Rheinland-Pfalz (3133), Nordrhein-Westfalen (3095) und Hessen (2964) auf. Während Bayern und Baden-Württemberg durch hohe Wirtschaftskraft und Investitionen glänzen, kämpfen vor allem Kommunen in Nordrhein-Westfalen oder Rheinland-Pfalz mit Verbindlichkeiten. Die 17 höchst verschuldeten Kommunen gemessen an den aufgenommenen Kassenkrediten liegen in diesen beiden Ländern. An der Spitze liegt Pirmasens (Rheinland-Pfalz) mit umgerechnet fast 8000 Euro an Kassenkrediten je Einwohner.

Absolut liegt Essen an der Spitze. „Allein die Stadt Essen führt mehr als doppelt so hohe Kassenkredite wie alle Kommunen in Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen und Thüringen zusammen“, sagte René Geißler, kommunaler Finanzexperte der Stiftung. Die kurzfristigen Kredite machen bundesweit etwa ein Drittel der Gesamtschulden von 141,9 Milliarden Euro aus.

Wer bereits stark verschuldet ist, hat es besonders schwer. „Schwache Kommunen bleiben schwach und entkoppeln sich mehr und mehr vom bundesweiten Durchschnitt“, heißt es. Etwa jede fünfte Kommune stecke in der Dauerkrise. Kostentreiber waren vor allem Sozialausgaben mit einem Plus von neun Prozent und Personalkosten mit drei Prozent.

Der Finanzreport warnt vor Untätigkeit. Bereits kleine Konjunkturtrübungen würden viele Kommunen hart treffen. „Angesichts der guten konjunkturellen Rahmenbedingungen ist die Zeit günstig, über eine große Lösung der Kassenkredite nachzudenken“, empfahl Kommunalexpertin Witte.

Datenbasis für den Finanzreport sind amtliche Statistiken aller 398 kreisfreien Städte und Landkreise in Deutschland. Er entsteht in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung.

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