




Die Deutsche Bahn hat jetzt auf die hohen Flüchtlingszahlen reagiert: Vielen Flüchtlingen fehlt ein Fahrschein, weil sie sich noch nicht bei der jeweiligen Anlaufstelle registriert haben. Wie Spiegel Online berichtet, stellen die Kontrolleure den Flüchtlingen Ersatzfahrscheine kostenlos aus. Normalerweise bekommen die Flüchtlinge in ihren Unterkünften Wertscheine, die sie zur Fahrt mit den Verkehrsmitteln der Deutschen Bahn berechtigen. Auch freiwillige Helfer dürfen dann kostenlos reisen.
Ob es sich bei dem Reisenden wirklich um einen Flüchtling handelt, muss das Zugpersonal selbst entscheiden. "Es ist so, dass die Zugbegleiter sich letztlich auf die Aussage der Flüchtlinge verlassen müssen", zitiert Spiegel Online eine Sprecherin. Wer die Kosten trägt, sei noch ungeklärt. Momentan verhandelt der Konzern mit Bund und Ländern.
Sollte Ungarn in der kommenden Woche den Krisenfall ausrufen, soll jeder illegale Einwanderer „sofort verhaftet“ werden. Das erklärte Ministerpräsident Viktor Orban am Freitag in Budapest nach einem Treffen mit dem EVP-Fraktionsvorsitzenden Manfred Weber. „Wir werden sie nicht mehr höflich begleiten wie bisher.“ Orban und Weber betonten, dass die EU ihre Außengrenze schützen müsse.
Was Flüchtlinge dürfen
Wer eine sogenannte Aufenthaltsgestattung bekommt, darf nach drei Monaten in Deutschland eine betriebliche Ausbildung beginnen. Wer geduldet ist, kann vom ersten Tag an eine Ausbildung machen. In beiden Fällen ist jedoch eine Erlaubnis durch die Ausländerbehörde nötig.
Gleiches gilt für Praktika oder den Bundesfreiwilligendienst beziehungsweise ein freiwilliges, soziales Jahr: Personen mit Aufenthaltsgestattung können nach drei Monaten ohne Zustimmung der ZAV damit beginnen, wer den Status „geduldet“ hat, darf das ab dem ersten Tag.
Wer studiert hat und eine Aufenthaltsgestattung besitzt, darf ohne Zustimmung der ZAV nach drei Monaten eine dem Abschluss entsprechende Beschäftigung aufnehmen, wenn sie einen anerkannten oder vergleichbaren ausländischen Hochschulabschluss besitzen und mindestens 47.600 Euro brutto im Jahr verdienen werden oder einen deutschen Hochschulabschluss besitzen (unabhängig vom Einkommen).
Personen mit Duldung können dasselbe bereits ab dem ersten Tag des Aufenthalts.
Personen mit Aufenthaltsgestattung können nach vierjährigem Aufenthalt jede Beschäftigung ohne Zustimmung der ZAV aufnehmen.
Am kommenden Dienstag will Ungarns Kabinett entscheiden, ob der Krisenfall ausgerufen wird. Dieser bedeutet unter anderem, dass das Militär die Grenzschützer unterstützen darf. Separat soll das Parlament am 21. September entscheiden, ob die Armee auch dann zum Grenzschutz herangezogen werden darf, wenn kein Krisenfall oder Notstand ausgerufen wurde.
Orban machte Griechenland für die aktuelle Flüchtlingskrise verantwortlich. „Wenn die Griechenland seine Außengrenzen nicht schützt, müssen wir es tun“, sagte er. Die meisten Flüchtlinge kommen derzeit aus der Türkei über Griechenland nach Europa. Von dort versuchen sie über die Balkanroute, die über Ungarn führt, nach Westeuropa zu gelangen.
Der starke Andrang von Flüchtlingen stellt die Staaten im Südosten Europas vor immer größere Herausforderungen. Österreich sperrte am Freitagmorgen die Autobahn an einem Grenzübergang zu Ungarn. In der Nacht hatten dort bei Nickelsdorf wieder mehr als 2000 Flüchtlinge die Grenze überquert. Der Zugverkehr zwischen Österreich und Ungarn bleibt vorerst ausgesetzt. In Deutschland stellte sich die CSU offen gegen die Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU).
Der frühere Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) wertete die Entscheidung, Flüchtlinge aus Ungarn unregistriert ins Land zu lassen, als „beispiellose politische Fehlleistung“. „Wir haben die Kontrolle verloren“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“ (Freitag). Zehntausende Menschen würden sich unkontrolliert durch Deutschland und Europa bewegen. Man könne nur unzuverlässig abschätzen, wie viele IS-Kämpfer oder „Schläfer“ darunter seien. Bayerns Finanzminister Markus Söder sprach von einer Überforderung Deutschlands.
Merkel bekräftigte dagegen ihre Einschätzung, dass Deutschland die Aufgabe bewältigen könne. Die wirtschaftliche Lage sei derzeit gut, die CDU-Vorsitzende der „Rheinischen Post“ (Freitag). „Die Kosten für die Aufnahme der Flüchtlinge können wir tragen.“
Über die Balkanroute drängen immer mehr Flüchtlinge nach Westeuropa. Auch südlich von Ungarn sind Tausende Menschen unterwegs in Richtung Norden. In Serbien wurden allein am Donnerstag 5540 Menschen registriert, wie Regierungschef Aleksandar Vucic berichtete - ein neuer Tagesrekord. Bisher waren im Schnitt nicht mehr als 2000 Migranten aus Mazedonien in Serbien angekommen.
Deutliche Mehrheit mit Flüchtlingspolitik einverstanden
Die Menschen stammen vor allem aus Syrien und haben Westeuropa und vor allem Deutschland als Ziel. Serbien ist ein wichtiger Punkt auf der sogenannten Balkanroute. Sie führt von der Türkei über Griechenland, Mazedonien, Serbien, Ungarn und Österreich nach Deutschland und Skandinavien.
Ungarn hat insgesamt 3800 Soldaten an die Grenze zu Serbien abkommandiert, die dort den Bau des 175 Kilometer langen Grenzzauns beschleunigen sollen. Täglich müssten weitere zehn Kilometer fertig werden, sagte der neue Verteidigungsminister Istvan Simicsko am Freitag im ungarischen Privatsender TV2. „An der Grenze brauchen wir eine verstärkte Verteidigung, der Zaun reicht nicht“, betonte der Minister. Ob die Armee die Grenzschutzpolizei verstärken darf, soll das Parlament am 21. September entscheiden.
Länder mit der höchsten Zahl der Asylbewerber (2014)
Zypern
Zahl der Bewerber...
...insgesamt: 1.255
...pro 100.000 Einwohner: 145
Deutschland
Zahl der Bewerber...
...insgesamt: 126.705
...pro 100.000 Einwohner: 158
Belgien
Zahl der Bewerber...
...insgesamt: 21.030
...pro 100.000 Einwohner: 189
Ungarn
Zahl der Bewerber...
...insgesamt: 18.895
...pro 100.000 Einwohner: 190
Luxemburg
Zahl der Bewerber...
...insgesamt: 1.070
...pro 100.000 Einwohner: 199
Österreich
Zahl der Bewerber...
...insgesamt: 17.500
...pro 100.000 Einwohner: 207
Norwegen
Zahl der Bewerber...
...insgesamt: 11.930
...pro 100.000 Einwohner: 236
Schweiz
Zahl der Bewerber...
...insgesamt: 21.305
...pro 100.000 Einwohner: 265
Malta
Zahl der Bewerber...
...insgesamt: 2.245
...pro 100.000 Einwohner: 533
Schweden
Zahl der Bewerber...
...insgesamt: 54.270
...pro 100.000 Einwohner: 568
Nach Angaben des österreichischen Innenministeriums kamen seit Montag ungefähr 16.000 Flüchtlinge bei Nickelsdorf über die ungarische Grenze. Sie werden dort erstversorgt und unter anderem mit Bussen weiter Richtung Wien gebracht. Auch der Zugsverkehr zwischen Österreich und Ungarn soll am Wochenende wegen „massiver Überlastung“ weiter eingestellt bleiben, wie die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) mitteilten.
Die starke Zuwanderung über Ungarn und Österreich stellt auch München vor neue Herausforderungen. Die meisten der aus Ungarn kommenden Migranten waren zuletzt nach Deutschland weitergereist. Seit vergangenem Samstag trafen in der bayerischen Landeshauptstadt München rund 40.000 Menschen ein.
In Norddeutschland hatten sich nach der vorübergehenden Schließung der Grenze durch Dänemark Hunderte Flüchtlinge mit Fähren auf den Weg nach Schweden gemacht. Im südschwedischen Malmö registrierte die Ausländerbehörde seit Dienstag 220 Asylbewerber am Tag. Der Bahnverkehr in der deutsch-dänischen Grenzregion bleibt beeinträchtigt, obwohl die Grenze wieder passierbar ist.
Deutschland
Wegen der aktuellen Lage sagten die Sicherheitsbehörden des Bundes ihren gemeinsamen Herbstempfang ab. Das Bundesinnenministerium wies einen Bericht zurück, nach dem die Sicherheitsbehörden bereits 29 erwiesene Syrien-Kämpfer unter Asylbewerbern identifiziert haben. „Es gibt immer wieder Hinweise, dass unter den Flüchtlingen auch IS-Kämpfer sein könnten. Bislang hat sich aber kein solcher Anhaltspunkt konkret bestätigt“, sagte ein Sprecher des Ministeriums der Deutschen Presse-Agentur.
Eine deutliche Mehrheit der Bürger ist laut einer Umfrage mit der deutschen Flüchtlingspolitik einverstanden. So bezeichneten 66 Prozent der Befragten im ZDF-„Politbarometer“ die Entscheidung, Zehntausende Flüchtlinge aus Ungarn einreisen zu lassen, als richtig. 29 Prozent sehen das nicht so, teilte der Sender am Freitag mit. 85 Prozent gehen davon aus, dass diese Entscheidung zur Folge hat, dass sich noch mehr Flüchtlinge Richtung Deutschland auf den Weg machen werden.