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Flüchtlingskrise De Maiziere wirbt für Schaffung von Transitzonen an Grenzen

In der Diskussion über die Asylpolitik in Deutschland wirbt Innenminister Thomas de Maiziere für die Schaffung von Transitzonen an der Grenze. Kanzlerin Merkel schließt Steuererhöhungen wegen Milliarden-Ausgaben aus.

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Der deutsche Innenminister Thomas de Maziere. Quelle: REUTERS

"Es geht mir um schnelle Verfahren für Asylbewerber, deren Antrag offensichtlich unbegründet ist", sagte der CDU-Politiker. Diese Personen könnten in Einrichtungen an der Grenze wenige Stunden oder Tage bis zum Abschluss ihres Asylverfahrens bleiben und dann direkt zurückgeschickt werden. Nach früheren Angaben soll sich das Verfahren an Regelungen orientieren, wie sie an Flughäfen praktiziert werden. Dabei werden von Personen, die keine oder gefälschte Ausweispapiere bei sich haben oder aus einem sicheren Herkunftsland einreisen, die Anträge innerhalb von 48 Stunden bearbeitet, während sich die Migranten im Transitbereich aufhalten. Kanzleramtschef Peter Altmaier hatte den Vorschlag zur Schaffung von Transitzonen an der Grenze bereits als vernünftig bezeichnet.

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Er geht nach eigenen Worten von einer Entscheidung in den kommenden Tagen aus.

Steuererhöhungen ausgeschlossen

Bundeskanzlerin Angela Merkel schließt unterdessen Steuererhöhungen wegen der Milliarden-Ausgaben in der Flüchtlingskrise aus. "Wir können uns freuen, dass wir seit Jahren gut gewirtschaftet haben und unsere Wirtschaftslage zurzeit gut ist", sagte Merkel in einem vorab veröffentlichen Interview mit der "Bild"-Zeitung (Montagausgabe). Daher gebe es weder einen Steuer-Soli noch Steuererhöhungen, um die Flüchtlingskrise finanziell zu meistern. Vizekanzler und SPD-Chef Sigmar Gabriel rechnet nach eigenen Angaben in diesem Jahr mit der Ankunft von mehr als einer Million Flüchtlingen in Deutschland.

Gabriel warf der Union zudem Doppelzüngigkeit vor und mahnte seine Partei zu Realismus und Zuversicht. "Die Union pendelt zwischen dem 'Wir schaffen das' Angela Merkels und dem 'Grenzen zu' von Horst Seehofer", sagte Gabriel beim SPD-Perspektivkongress in Mainz. "Wir Sozialdemokraten dürfen dieses doppelte Spiel von CDU und CSU nicht mitspielen." Wichtig sei es, Antworten auf die Wirklichkeit zu entwickeln und aufzuzeigen, wie die Herausforderungen geschultert werden könnten. Da die Union hier Antworten schuldig bleibe, müsse die SPD eigene Rezepte entwickeln. Neben der Solidarität mit den Flüchtlingen müssten auch die Sorgen der Menschen in den Blick genommen werden, ohne ihnen gleich Populismus vorzuwerfen.

"Wir können das schaffen und wir schaffen es"
"Glauben Sie denn, dass wirklich 100.000 Menschen ihre Heimat verlassen, weil es ein solches Selfie gibt?"...fragte Merkel am Mittwoch Anne Will, als das obige Foto eingeblendet wurde. Das Bild zeigt Merkel bei einem Besuch einer Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber in Berlin-Spandau am 10. September 2015. Quelle: dpa
"Sie können die Grenzen nicht schließen. (...) Wenn wir die Grenzen schließen würden - Deutschland hat 3000 Kilometer Landgrenze - dann müssten wir um diese 3000 Kilometer einen Zaun bauen."Das antwortete Angela Merkel auf Anne Wills Frage, ob Deutschland einen Aufnahmestopp brauche. 3,45 Millionen Zuschauer verfolgten am Mittwochabend das Interview. Quelle: dpa
" Ich muss ganz ehrlich sagen: Wenn wir jetzt anfangen, uns noch entschuldigen zu müssen dafür, dass wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mein Land. Ich sage das wieder und wieder: Wir können das schaffen und wir schaffen es."Diese Worte richtete Angela Merkel an die Gegner ihrer Asylpolitik bei einem Treffen mit ihrem österreichischen Amtskollegen Werner Faymann. Das Bild zeigt beide Politiker während der Pressekonferenz am 15. September im Bundeskanzleramt. Quelle: dpa
"Auch mir hat eine Satiresendung schon einmal richtig aus der Seele gesprochen, als es dort hieß: Gott hat die FDP vielleicht nur erschaffen, um uns zu prüfen."Im Dezember 2012 scherzt Angela Merkel auf dem Bundesparteitag der CDU über die Liberalen, die damals in Umfragen weit zurück lagen. Den Delegierten gefiel das FDP-Bashing - sie klatschten begeistert. Danach stimmt Merkel die Liberalen aber wieder versöhnlich: Keine andere Koalition könne eine bessere Arbeit machen als die schwarz-gelbe, so die Bundeskanzlerin. Quelle: dpa
"Ein nüchterner Blick auf die Fakten zeigt: Diese Bundesregierung ist die erfolgreichste Bundesregierung seit der Wiedervereinigung."Ein selbstbewusstes Fazit der vergangenen drei Regierungsjahre zog Merkel am 21. November 2012 bei der Generaldebatte im Bundestag. Ihre Begründung: Die Arbeitslosigkeit sei auf einem Rekordtief, Wehrpflicht und Praxisgebühr seien abgeschafft und die Ausgaben für Forschung und Bildung so hoch wie lange nicht mehr. Quelle: dpa
"Keine Euro-Bonds, solange ich lebe."Das versprach Angela Merkel im Juni 2012 in einer Rede vor der FDP-Fraktion. Teilnehmer der Runde berichteten dies mehreren Nachrichtenagenturen. Einige der FDP-Abgeordneten sollen der Bundeskanzlerin zugerufen haben: "Wir wünschen Ihnen ein langes Leben!" Quelle: dpa
"Fukushima hat meine Haltung zur Kernenergie verändert."2010 wollte Angela Merkel noch die Laufwerkszeiten von Atomkraftwerken verlängern. Am 9. Juni 2011 bewegte sie die Nuklearkatastrophe von Fukushima zum Umdenken. Quelle: dpa

Nach Merkels Worten soll es zur Finanzierung der Milliarden-Ausgaben wegen der Flüchtlingskrise weder höhere Steuern noch einen Steuer-Soli geben. Auf die Frage, ob sie darauf ihr Wort gebe, sagte sie: "Ja, definitiv." Merkels Sprecher Steffen Seibert hatte bereits am Samstag einen Bericht der "Süddeutschen Zeitung" zurückgewiesen, nach dem die Bundesregierung und die EU-Kommission die Einführung eines Solidaritätszuschlages für Flüchtlinge erwägen.

Merkel kritisierte zugleich aktuelle "Fehlanreize" bei der finanziellen Unterstützung von Asylbewerbern. "Ich weiß, dass das Taschengeld, das wir Flüchtlingen zahlen, im europäischen Maßstab hoch ist." Die Niederlande und Luxemburg etwa zahlten deutlich weniger. Um "mögliche Fehlanreize" abzubauen, "wollen wir dazu zurückkehren, in den Erstaufnahmeeinrichtungen wieder überwiegend Sachleistungen zu verteilen und nicht Bargeld auszuzahlen", betonte Merkel. Das neue Gesetz, das für abgelehnte Asylbewerber nur noch das unabdingbar Notwendige vorsieht, sei "sinnvoll und vertretbar, auch wenn es dagegen wahrscheinlich wieder eine Verfassungsklage geben wird".

Die geltende Regel, dass die Leistungen für Asylbewerber nahe am Hartz-IV-Satz liegen, erklärte die Kanzlerin mit einem Verweis auf die Gesetzeslage: "Das Bundesverfassungsgericht hat uns in einem Urteil zu realitätsgerecht ermittelten Zahlungen verpflichtet." Das neue Gesetz, das im November in Kraft treten solle, setze für Flüchtlinge mit nur geringer Bleibeperspektive einen anderen Schwerpunkt.
Zur geplanten Einführung der Gesundheitskarte für Flüchtlinge versicherte Merkel, kein Beitragszahler brauche "Angst zu haben, dass ihm Flüchtlinge bei den Leistungen etwas wegnehmen". "Ein Asylbewerber darf in den ersten 15 Monaten grundsätzlich nur bei akuten Erkrankungen behandelt werden. Eine Sanierung der Zähne ist zum Beispiel nicht enthalten."

Bei der Verteilung von Flüchtlingen muss die EU nach Einschätzung Griechenlands verhindern, dass Mitgliedsländer Sonderwünsche äußern. Griechenland habe Schwierigkeiten, Flüchtlinge an bestimmte Staaten weiterzuschicken, die "rassistische Kriterien" für die Aufnahme von Asylbewerbern hätten, sagte der neue griechische Migrationsminister Yannis Mouzalas im Reuters-Interview. "Ansichten nach dem Motto 'wir wollen zehn Christen' oder '75 Muslime' oder 'wir wollen große, blonde, mit blauen Augen und drei Kindern' sind eine Beleidigung für die Persönlichkeit und Freiheit der Flüchtlinge", betonte der Minister. "Europa muss kategorisch dagegen sein."

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