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Flüchtlingspolitik Es geht um eine Krise des Verfassungsstaates

Die Flüchtlingspolitik trägt Züge einer Entgrenzung. Deren Konsequenzen sind unabsehbar. Wesensmerkmale der staatlichen Souveränität sind der Schutz der Grenzen sowie die Entscheidung über Zuzug.

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Prof. Dr. Dirk Meyer ist seit 1994 Professor für Volkswirtschaftslehre am Institut für Volkswirtschaftslehre der Helmut-Schmidt-Universität. Dort hat er einen Lehrstuhl für Ordnungsökonomik inne. Quelle: Presse

Mit dem Mantra der Alternativlosigkeit rechtfertigt die Kanzlerin die ‚Euro-Rettung um jeden Preis‘, im anderen Fall die ‚Wir schaffen das!‘-Willkommenskultur. Eine Gesinnungsethik unter der Fahne der Humanität hat jedoch erhebliche Gefahren: den Verlust der Steuerbarkeit, den Verlust des Rechtsstaats und den Verlust demokratischer Grundsätze. Es geht nicht um Eurokrise oder Flüchtlingskrise, sondern um die Krise des Verfassungsstaates und der EU.

Die Flüchtlingspolitik trägt Züge einer Entgrenzung. Deren Konsequenzen sind unabsehbar. Wesensmerkmale der staatlichen Souveränität sind der Schutz der Außengrenzen sowie die Entscheidung über Einreise und Zuzug von Ausländern. Der Schengener Grenzkodex gründet auf dem Grundsatz: Schutz der EU-Außengrenzen gegen Verzicht auf Grenzkontrollen an den Binnengrenzen. Mangels EU-Unterstützung und wegen einhergehender Überforderung entfällt derzeit ein wirksamer Schutz der Außengrenzen. Die deutschen Grenzkontrollen sind deshalb eine logische Folge und Notwehrmaßnahme. Doch auch hier handelt die Regierung ohne Konzept: Die dortige Registrierung von Flüchtlingen und die Antragstellung auf Asyl stellen einen offenkundigen Rechtsbruch dar.

Entsprechend der Dublin-III-Verordnung ist nämlich derjenige Mitgliedstaat für das Asylverfahren zuständig, über den der Flüchtling die EU erstmals betritt. Eine Durchleitung von Flüchtlingen aus Italien und über die Balkanstaaten steht dem Vertrag von Lissabon ebenso entgegen, wie die Fähren von Deutschland nach Schweden. Schließlich kann gemäß Art. 16a Abs. 2 Grundgesetz Asylschutz nicht beanspruchen, „wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften … einreist“. Vielmehr ist der unerlaubt eingereiste Ausländer zurückzuschieben. Die Deutschland (über)fordernden Flüchtlingsströme sind damit das Ergebnis eines illegalen Zusammenspiels verschiedener europäischer Mitgliedstaaten und der deutschen Regierung. Nach europäischem und nationalem Recht gibt es keinen Flüchtling an einer deutschen Festlandsgrenze mit Recht auf Asyl. Keinen einzigen!

Die Rechtsanmaßung der Regierung verstößt in der Folge gegen das demokratische Haushaltsrecht des Bundestages. Das Parlament gerät unter Zugzwang für Ausgabebewilligungen, deren Verursachung die Regierung ohne rechtliche Grundlage durch die Flüchtlingsaufnahme und eine ungenügende Abschiebepraxis im Vorhinein geschaffen hat. Die Bundeskanzlerin diktiert, das Parlament folgt.

Was ist zu tun? National: Vorangekündigte Grenzschließung für Flüchtlinge und Herstellung einer parteiübergreifenden, auch außerparlamentarischen Kooperation auf der Basis von Rechtsstaat und Verantwortungsethik – abseits von Pegida und öffentlich-rechtlicher, unreflektierter Willkommenskultur.

Europäisch: Aushandlung eines reformierten EU-Vertrag auf der Basis des Binnenmarktes bei eingeschränkter Personenfreizügigkeit, der eine gemeinsame Fortentwicklung von ‚Klubs‘ einzelner Mitgliedstaaten bei gemeinsamen Interessen und Potenzialen vermehrt möglich macht. So könnten beispielsweise einzelne Staaten eine gemeinsame Flüchtlingspolitik gestalten.

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