Flüchtlingspolitik Koalition erzielt Einigung beim Familiennachzug

Ab August dürfen monatlich 1000 Flüchtlinge im Rahmen des Familiennachzugs nachziehen. Am Auswahlprozess sollen mehrere Behörden beteiligt sein.

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In der Anfangsphase gibt es den Kompromiss, dass ein nicht ausgeschöpftes Kontingent von einem Monat auf den folgenden übertragen werden könne. Quelle: dpa

Berlin Im Streit über den Familiennachzug von Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutz haben Union und SPD eine Verständigung erzielt. SPD-Fraktionsvize Eva Högl und der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) sagten am Mittwoch in Berlin, sie freuten sich, dass die Bundesministerien in der Ressortabstimmung eine Lösung gefunden hätten.

Demnach sollen ab August wie geplant 1000 Flüchtlinge pro Monat zu Familienangehörigen mit subsidiärem Schutz nachziehen dürfen. Allerdings sehe ein Kompromiss vor, dass in der Anfangsphase ein nicht ausgeschöpftes Kontingent von einem Monat auf den folgenden übertragen werden könne. Regierungskreise bestätigten entsprechende Pläne. Die Regelung gelte für die ersten fünf Monate und solle Anlaufschwierigkeiten ausbügeln.

Ein Anfang April bekanntgewordener erster Gesetzentwurf zum Familiennachzug von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte eine heftige Debatte ausgelöst. Die SPD hatte zu strenge Kriterien beklagt. Sie forderte zudem, ein nicht ausgeschöpftes Kontingent von einem Monat auf den anderen zu übertragen, was die Union aber strikt ablehnte.

Pistorius betonte, auch nach den fünf Monaten werde die SPD auf eine Übertragbarkeit dringen, wenn die Verfahren nicht rund liefen. Niemand solle denken, dass durch „administrative Unzulänglichkeiten“ oder Kniffe die Familienzusammenführung unterlaufen werde könne.

Wie im Koalitionsvertrag festgelegt, sollen von August an monatlich 1000 Ehepartner, minderjährige Kinder und Eltern von Minderjährigen aus humanitären Gründen zu den Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutzstatus nachziehen dürfen. Damit würde der im Frühjahr 2015 gestoppte Familiennachzug für diese Flüchtlinge wieder möglich.

Hinzu kommt eine bereits bestehende Härtefallregelung. Die SPD hatte eigentlich einen generellen Nachzug erlauben wollen, die Union für subsidiär geschützte Personen überhaupt keinen. Nach Angaben aus Koalitionskreisen wird als Kabinettstermin nun der kommende Mittwoch angestrebt. Das Innenministerium wollte dies nicht bestätigen und betonte, die Ressortabstimmung laufe noch. Es seien jetzt Länder und Verbände beteiligt worden.

Streit hatte es auch darüber gegeben, welche Behörde die Auswahl treffen soll. Auch hier gibt es einem Gesetzentwurf zufolge eine Verständigung. Demnach sollen die humanitären Gründe für die 1000 Nachzugsberechtigten von den Auslandsvertretungen und den Ausländerbehörden geprüft werden. Im Visumverfahren sollen die 1000 Personen anhand dieser Informationen dann vom Bundesverwaltungsamt bestimmt werden – und nicht etwa wie mal gefordert vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf).

Die Organisation „Pro Asyl“ bemängelte, die parallele Prüfung durch Ausländerbehörden im Inland und Botschaften im Ausland könne vor allem in den ersten Monaten dazu führen, dass selbst die Zahl von 1000 Personen weit unterschritten werde, zumal mit dem Bundesverwaltungsamt eine dritte Behörde hinzukomme. Es bestehe die Gefahr eines Zuständigkeitswirrwarrs sowie „von Willkür und Zufall“.

Ausgenommen von einem Familiennachzug sind unter anderem sogenannte Gefährder. Es soll aber Ausnahmen geben können, wenn sich derjenige, zu dem der Familiennachzug erfolgen soll, „gegenüber den zuständigen Behörden offenbart und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand nimmt“.

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