Flüchtlingspolitik Seehofer löst Spitzenbeamten ab

Seehofer löst Spitzenbeamten ab Quelle: dpa

In der Bamf-Affäre hat sich Seehofer als Chefaufklärer in Stellung gebracht. Selbst Grüne und Linke finden, dass er das bisher nicht schlecht macht. FDP und AfD wollen einen Untersuchungsausschuss.

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Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat in der Flüchtlingspolitik erste personelle Konsequenzen gezogen. Mit Wirkung zum 2. Mai wurde die Stelle des Abteilungsleiters für Migration im Ministerium neu besetzt. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums wurde der Abteilungsleiter, der unter Seehofers Vorgänger Thomas de Maizière (CDU) für Migration, Integration und Flüchtlinge verantwortlich gewesen war, in den einstweiligen Ruhestand versetzt.

Innenstaatssekretär Stephan Mayer (CSU) sagte dem Bayerischen Rundfunk, die Personalie habe nichts mit der Affäre um manipulierte Asylbescheide in der Bremer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) zu tun. Seehofer hatte am Dienstag in einer Sondersitzung des Innenausschusses die aus seiner Sicht mangelhafte Kontrolle des Bamf durch das Ministerium kritisiert.

Der Anwalt der früheren Bremer Behördenleiterin Ulrike B. warnte vor einer pauschalen Vorverurteilung seiner Mandantin. Bislang seien ihr die Vorwürfe nicht konkret bekannt, weil sich die Bremer Staatsanwaltschaft weigere, Akten zur Verfügung zu stellen, sagte Erich Joester am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Ob und wann es zu einem Verfahren kommen werde, sei für ihn noch nicht absehbar. „Wenn, dann wird es ein sehr langes Verfahren“, sagte Joester. Denn jeder Asylfall sei anders und müsse entsprechend betrachtet werden.

Der Bundesinnenminister kündigt glaubhaft eine Qualitätsoffensive im Innenausschuss an. Das BAMF soll mehr Personal erhalten, die Verfahren könnten künftig länger dauern. Trotzdem bleiben viele offene Fragen.
von Niklas Dummer

Die Bremer Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Ulrike B. wegen mehr als 1200 Asylverfahren, die unter ihrer Leitung ohne Beachtung der Vorschriften positiv entschieden worden sein sollen. Die Staatsanwaltschaft und die Leitung des Bamf gehen außerdem der Frage nach, welche Rolle weitere Mitarbeiter und die Anwälte der Antragsteller spielten.

Die AfD will die Affäre um Unregelmäßigkeiten beim Bamf nutzen, um die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vom Bundestag durchleuchten zu lassen. Die Fraktion der Rechtspopulisten legte am Donnerstag einen Antrag auf Einsetzung eines „Untersuchungsausschusses Asyl- und Migrationspolitik“ vor. In dem AfD-Antrag findet sich auch der von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt geprägte Begriff einer „Anti-Abschiebe-Industrie“.

Die manipulierten Asyl-Entscheidungen erschüttern das Vertrauen in die oberste Flüchtlingsbehörde. Bundesinnenminister Seehofer und BAMF-Präsidentin Cordt haben nun Transparenz in der BAMF-Affäre versprochen.

Die FDP hat ihrerseits einen Antrag angekündigt, über den am kommenden Donnerstag im Bundestag erstmals beraten werden soll. In dem Untersuchungsausschuss, den die Liberalen anstreben, soll es dem Vernehmen nach vor allem um strukturelle Probleme beim Bamf, aber auch um die politische Verantwortung für die Überlastung der Flüchtlingsbehörde gehen. Die anderen Parteien halten einen Untersuchungsausschuss aktuell für nicht notwendig. Grüne und Linke wollen versuchen, die Probleme des Bamf in Sondersitzungen des Innenausschusses zu klären.

Die AfD-Innenpolitikerin Beatrix von Storch sagte, sie habe den Eindruck, „dass wir mit der FDP in der gleichen Richtung unterwegs sind“. Ihre Fraktion gehe in „offene Gespräche hinein“. FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae betonte jedoch: „Wir beabsichtigen nicht, mit der AfD in Gespräche über einen gemeinsamen Antrag einzutreten“. FDP und AfD verfolgten „grundverschiedene Ziele“. Die FDP wolle mit sachlicher Aufklärung das Vertrauen der Bürger in die Asyl- und Flüchtlingspolitik wiederherstellen, die AfD wolle es „restlos zerstören“.

Im Jahr 2015 waren rund 890 000 Migranten weitgehend unkontrolliert nach Deutschland gekommen. 2016 sank die Zahl der Asylbewerber auf etwa 280 000, im vergangenen Jahr waren es nur noch knapp 187 000.

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