Flughäfen Üble Abzocke bei Gebühren

Die EU-Kommission will gegen überhöhte Flughafengebühren vorgehen. Deutschland blockiert – auf Betreiben der Bundesländer, die davon profitieren.

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Flughafen Frankfurt: Die Quelle: AP

Es gibt Geschäfte, die sind wenig lukrativ. Der Betrieb des Flughafens Athen gehört nicht dazu – er steigerte seinen Gewinn vor Steuern 2007 um 33 Prozent. Aus Paris meldet der Betreiber von Charles de Gaulle einen Profitanstieg von 19,2 Prozent. Damit ist das Unternehmen auf gutem Weg, zwischen 2005 und 2010 den Gewinn um 60 Prozent in die Höhe zu treiben. Und Amsterdams Airport Schiphol registriert für das vergangene Jahr ein Plus von 17,7 Prozent.

Die EU-Kommission geht seit geraumer Zeit davon aus, dass Flughäfen in Europa satte Gewinne einstreichen, weil sie ihre Monopolstellung ausnutzen und Gebühren nach Gutdünken verlangen. In Deutschland allein summieren sich die Gebühren im Jahr auf rund zwei Milliarden Euro. Und die Fluglinien reichen diese Rechnung teilweise an die Passagiere weiter.

Brüssel will die Abzocke beenden – doch die Mitgliedsländer wehren sich. Einer der stärksten Widersacher ist Deutschland, ausgerechnet das Land, in dem die Bundesländer als wichtige Anteilseigner der Flughäfen an den überhöhten Gebühren fleißig mitkassieren.

Nach zwei gescheiterten Anläufen der Kommission wagte EU-Transportkommissar Jacques Barrot im Januar 2007 einen neuen Versuch und legte eine Richtlinie zu den Flughafenentgelten vor. Damals glaubte er noch an eine radikale Lösung: „Wir wollen ein System von nationalen Regulierern, die stark und wirklich unabhängig von den Flughäfen, den Luftlinien und den nationalen Behörden sind.“ Als Vorbild nannte er die Regulierungsbehörden, die heute in ganz Europa darüber wachen, dass die Stromkonzerne ihre Netzmonopole nicht ausnützen.

Doch von dieser Idee blieb fast nichts übrig. Wenn sich die Mitgliedsländer an diesem Montag in Luxemburg auf einen gemeinsamen Standpunkt zur Richtlinie einigen, wird die einheitliche Behörde darin nicht mehr zu finden sein, sondern nur noch eine national einheitliche Berufungsmöglichkeit, falls sich Fluglinie und Flughafen nicht einig werden. Damit hat Deutschland erreicht, was es wollte: Die Bundesländer, die an den Flughäfen beteiligt sind, werden weiterhin über die Gebühren wachen. „Das ist so, als wenn sich E.On, RWE, EnBW und Vattenfall zusammensetzen würden und die Durchleitungspreise für Strom festsetzen“, empört sich Andreas Hoffjan, Professor für Controlling an der Universität Dortmund. Der Missstand ist offensichtlich: Welches Interesse haben die Länder, ihre eigenen Einnahmen zu senken? In der Vergangenheit haben sie die Anträge der Flughäfen auf Gebührensteigerungen regelmäßig abgesegnet. „Ein einziges Mal wurde in Berlin eine Gebührenerhöhung abgelehnt“, erinnert sich ein Manager, der schon lange im Geschäft ist.

So zogen die Gebühren über die Jahre tüchtig an. Zwischen 2001 und 2005 erhöhten die Flughäfen die Entgelte um 21 Prozent, beobachtete der Bundesverband Deutscher Fluggesellschaften. Und das, obwohl die Zahl der Passagiere im selben Zeitraum um 18 Prozent zunahm. „Die Gebühren hätten fallen müssen, denn die Flughäfen profitieren von der besseren Ausnutzung“, empört sich ein Manager.

Nach einer Untersuchung des britischen Beratungsunternehmens Transport Research Laboratory kassiert Frankfurt weltweit die siebthöchsten Gebühren. Berlin landet auf Platz 15. Die Flughäfen lassen keine Chance verstreichen, Geld zu machen. Die im vergangenen Jahr neu eingeführte Gebühr für die Versorgung behinderter Passagiere ist in Deutschland höher als in den Nachbarländern. „Bei der Umsetzung der EU-Richtlinie reicht die Bandbreite von 22 Cent in Amsterdam bis über einen Euro in Deutschland“, ärgert sich Raphael von Heereman, bei TUI für Luftfahrtpolitik zuständig.

Die Landesluftfahrtbehörden bleiben untätig. Es mangelt dort nicht nur an Anreizen, sondern auch an Kompetenz und Ressourcen. „Wenn jemand aufdröseln will, wie die Kosten zugeordnet werden, muss er Arbeit investieren“, sagt ein Gebührenexperte einer großen Fluglinie.

Genau das passiert in deutschen Amtsstuben nicht. Man habe weder Mittel noch Anspruch, als Bilanzprüfer zu agieren, räumten Mitarbeiter einer Landesluftfahrtbehörden in einer wissenschaftlichen Untersuchung der Uni Dortmund ein.

Daran wird sich in Zukunft nichts ändern – und an den überhöhten Gebühren zulasten von Fluglinien und Passagieren auch nicht.

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