Ebenso düster ist die Lage offenbar bei den Sprinkleranlagen. Es müssen noch größere Rohre eingebaut werden. Wer weiß, wie niedrig die Zwischendecken sind, kann erahnen, dass das keine einfache Aufgabe ist. Weil der BER größer werden sollte als ursprünglich geplant, entschied man sich vor vielen Jahren, eine Zwischenetage einzuziehen. Die dünne Decke macht heute Probleme, weil in ihr die vielen Kilometer Kabeltrassen und Entrauchungsrohre untergebracht werden müssen. Noch größere Rohre für die Sprinkleranlage dürften zusätzliche Probleme schaffen. Auch die Baufirma Caverion musste sich erklären.
Die erneuten Probleme werfen kein gutes Licht auf die Unternehmen, die sich mitunter stolz als Marktführer in ihren Branchen präsentieren.
Hat der BER überhaupt noch eine Chance?
Die wesentliche Argumente sind: Es tauchen immer neue Probleme auf, die auch hohe Extrakosten verursachen. Niemand könne garantieren, dass der Eröffnungstermin nicht doch noch einmal verschoben werden muss, wenn der nächste Fehler entdeckt werden sollte. Dass eine Reihe weiterer Fehler im Terminal gefunden werden könnte, hält Vize-Aufsichtsratschef Rainer Bretschneider nach eigenen Worten für möglich. Er lässt dennoch am Eröffnungstermin in der zweiten Jahreshälfte 2017 nicht rütteln. Ursprünglich sollte der BER im Oktober 2011 in Betrieb gehen.
Eine Idee ist, das Terminal zwar stehen zu lassen, aber den Innenausbau noch einmal von vorne zu beginnen. Die zweite Variante wäre, das Hauptgebäude aufzugeben und nebenan ein neues, größeres Abfertigungsgebäude zu bauen. Unabhängig davon halten es mehrere Kritiker des gegenwärtigen Zustands für unentbehrlich, die Flughafengesellschaft in eine Betreiber- und eine Projektgesellschaft zu trennen. Die Projektfirma könnte sich mit aller Kraft um den neuen Flughafen kümmern. Heute muss sich das Unternehmen bei stark wachsender Passagierzahl auch den Betrieb der Flughäfen Tegel und Schönefeld (alt) im Griff behalten.
Es sind Politiker aus der Opposition im Bund und in den Ländern Brandenburg und Berlin, die zumindest dafür plädieren, über einen Neuanfang nachzudenken. Dazu gehören die Grünen-Bundestagsabgeordneten Anton Hofreiter und Renate Künast, der CDU-Abgeordnete Jens Koeppen aus Brandenburg und Martin Delius von der Piraten-Partei, der Vorsitzender des Untersuchungsausschusses im Berliner Abgeordnetenhaus ist. Es ist niemand darunter, der Verantwortung für den BER trägt.
Man könnte mit Planung und Bau neu beginnen und dabei die aktuellen Standards der Technik und Sicherheit berücksichtigen. Der Neubau könnte nach den jüngsten Prognosen für die benötigten Passagierkapazität ausgerichtet werden. Der Flughafen-Aufsichtsrat rechnet mit rund 40 Millionen Passagieren, die im Jahr 2023 in Berlin abgefertigt werden müssen. Derzeit sind es schon 28 Millionen in Tegel und Schönefeld. Der BER ist nur für 27 Millionen Fluggäste geplant. Deshalb hat der Aufsichtsrat am Freitag schon eine Erweiterung beschlossen.
Man müsste mit Planung und Bau neu beginnen. Milliarden Euro wären in den Sand gesetzt. Wie sich beim BER gezeigt hat, können vom ersten Entwurf bis zur Inbetriebnahme mit Planfeststellung und Gerichtsverfahren leicht 20 Jahre vergehen. In dieser Zeit müsste aber eine sehr lange Zwischenlösung für den Luftverkehrsstandort Berlin gefunden werden, was auch eine äußerst schwierige Aufgabe wäre. Nach einer Entscheidung über ein Ende des BER würde die Diskussion um den Standort wieder losbrechen. Brandenburgs Flughafenkoordinator Bretschneider sagte zu dem Vorschlag eines neuen Neubaus: „Es erhöht die Zeitprobleme und es erhöht die Kostenprobleme.“
Die Flughafengesellschaft versucht die Eröffnung bis Ende 2017 noch hinzukriegen. Nach der jüngsten Panne sagte Flughafenchef Karsten Mühlenfeld, dass mit zusätzlich drei bis vier Monaten Bauverzögerung am BER zu rechnen sei. „Wir haben dann aber noch Potenzial bei der technischen Inbetriebnahme, so dass wir die Möglichkeit haben, im zweiten Halbjahr 2017 fertig zu werden“, fügte er hinzu.
Zu Frage zwei: Wie steht es mit der Baukontrolle? Als im Herbst vergangenen Jahres der Flughafen zu einem Presserundgang einlud, war von den jetzigen Problemen nichts zu ahnen. Anwesende Journalisten berichten gar, dass zahlreiche Türen, die heute Probleme machen, mit einem Schild versehen waren: "Diese Tür ist fertiggestellt und in Betrieb!" Es gab also keine Anzeichen auf technische Probleme. Zudem versprühte der anwesende Technikchef Jörg Marks Optimismus.
Versprechen wurden nicht gehalten
Doch offenbar entglitt erneut die Kontrolle der Bauprozesse. Nach den vielen Verschiebungen in der Vergangenheit – und den damit einhergehenden Neuanfängen im Management – versprachen die Beteiligten, alles Mögliche zu tun, damit sich die Probleme nicht wiederholten. Doch die aktuellen Äußerungen der Betroffenen lassen erahnen, dass die Bemühungen offenbar nicht maximal waren.
Denn erneut gibt es das Versprechen, die Prozesse besser zu koordinieren. Natürlich befinde man sich mit den verantwortlichen Firmen in "sehr guten, kooperativen Gesprächen“, so Müller. Jede Tür müsse bis zu hundert verschiedene Funktionen erfüllen. Neun Handwerksbereiche seien beteiligt. Müller sagt: "Wir brauchen jetzt in der Schlussphase der Fertigstellung, in der wir sind, einfach eine noch engere Abstimmung und Koordinierung aller beteiligten Firmen."
Warum die Koordinierung erneut nicht geklappt hat? Das sind Fragen des Aufsichtsrats an das Management und auch an sich selbst. Ansonsten droht es noch peinlicher zu werden.
Hinter den Kulissen des BER
Fast fünf Jahre ist es her, da bewilligte der Aufsichtsrat dem damaligen BER-Management 20 Millionen Euro für eine pragmatische "Mensch-Maschine-Lösung". Der Flughäfen heuerte 700 Hilfskräfte an, die nach der geplanten Inbetriebnahme des neuen Hauptstadtflughafens 2012 im Brandfall die Türen öffnen und schließen sollten. So peinlich, so wahr.
In seinem aktuellen Politikbrief "BER aktuell" erinnert Flughafen-Chef Mühlenfeld an die Einigung von damals. Das werde sich aber nicht wiederholen. "Die Situation ist heute allerdings eine andere“, schreibt Mühlenfeld. "Viele der Arbeiten im Terminal konnten wir mittlerweile erfolgreich abschließen."
Das klingt vielversprechend. Aber viel versprochen wurde schon viel.