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Flugverbot in Berlin Gute Nacht, Herr Platzeck!

Der brandenburgische Ministerpräsident will die Betriebserlaubnis des neuen Flughafens BER in der Nacht einschränken. Matthias Platzeck gefährdet damit den Erfolg des Projektes. Dabei kann der BER weitere Schwierigkeiten wahrlich nicht gebrauchen.

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Brandenburgs Ministerpräsident und Aufsichtsratsvorsitzender der Flughafengesellschaft, Matthias Platzeck, will die Nachtflug-Betriebserlaubnis des BER einschränken und gefährdet damit den Erfolg des Projekts. Quelle: dpa

Wenn man es gut meint mit Matthias Platzeck (SPD), dann greift man zu Goethe als Erklärung: Dann wohnten einfach zwei Seelen in der Brust des brandenburgischen Ministerpräsidenten, die auf das Heftigste miteinander rangen. Die des Landesvaters war besorgt um die Nachtruhe seiner Bürger, die des Aufsichtsratsvorsitzenden des BER um die Zukunftsfähigkeit des größten Infrastrukturprojektes des Landes.

Pannenflughafen BER soll erst 2018 öffnen
Seit 2006 wird der künftige Flughafen Berlin Brandenburg „Willy Brandt“ schon gebaut Quelle: dpa
09. März 2016Die für Ende 2017 geplante Eröffnung des  Hauptstadtflughafens BER ist nach Informationen des "Tagesspiegels" wegen neuer Probleme beim Brandschutz gefährdet. Das Bauordnungsamt habe für den Umbau der Brandschutzanlage weitere Nachweise sowie Nachbesserungen an den Unterlagen gefordert, hieß es. Das könnte auch zusätzliche Bauarbeiten im Terminal nach sich ziehen, wie aus einem internen Schreiben des Flughafen-Technikchefs Jörg Marks hervorgeht. "Wir müssen die Anforderungen des Bauordnungsamts einbeziehen und sehen, wie wir die Nachbesserungen umsetzen können", sagte Flughafensprecher Daniel Abbou der Nachrichtenagentur dpa. Quelle: dpa
4. November 2015Am neuen Hauptstadtflughafen haben Firmen in den vergangenen Jahren Mitarbeiter zu Unrecht als Brandschutz-Fachleute ausgegeben. Kontrollen der Flughafengesellschaft hätten ergeben, dass die notwendigen Nachweise für die Fachkunde fehlen, teilte der Berliner Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) mit. In seiner Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Piratenpartei sprach er von Einzelfällen im niedrigen einstelligen Bereich seit 2012. Müller ist Aufsichtsratschef der staatlichen Flughafengesellschaft. Er berief sich auf Angaben der Geschäftsführung um Flughafenchef Karsten Mühlenfeld. Demnach werden die Eignungsnachweise bei der Vergabe von Aufträgen überprüft, danach bei Personalwechseln und besonders seit August 2014 auch bei Audits. Probleme mit dem Brandschutz, etwa auch wegen überbelegter Kabeltrassen, hatten das Projekt weit zurückgeworfen. Quelle: dpa
Flughafen Berlin Brandenburg Quelle: dpa
21. August 2015Die Baufirma Imtech muss Insolvenz anmelden - und den Flughafen wirft das in seinem Zeitplan weiter zurück. Nach Einschätzung der verantwortlichen Taskforce ist es durch die Insolvenz der Gebäudetechnikfirma bisher zu einer Verzögerung der Eröffnung von zwei bis drei Wochen gekommen. Gleichwohl sieht die Flughafengesellschaft die Eröffnung im zweiten Halbjahr 2017 „zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Erkenntnisse“ nicht gefährdet. Bis Ende September solle die sogenannte Meilensteinplanung überarbeitet werden. Die Insolvenz habe zu einem „deutlichen Rückgang“ der Mitarbeiterzahlen geführt, so die Flughafengesellschaft. Imtech und eine mitbeteiligte Firma hätten jedoch zugesagt, die Mitarbeiterzahlen schnellstmöglich wieder hochzufahren, um die zeitlichen Auswirkungen „weitestgehend zu begrenzen“. Quelle: dpa
Hauptstadtflughafen Quelle: dpa
Karsten Mühlenfeld Quelle: dpa

Gewonnen hat offenbar erstere. Anders ist nicht zu erklären, warum Platzeck gerade eine bemerkenswerte Kehrtwende hinlegt, die sogar seinem Parteifreund und Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit die Zornesröte auf die Backen treibt: Nicht nur zwischen 0 und 5 Uhr nachts soll am BER zukünftig nicht geflogen werden, sondern bereits ab 22 Uhr nicht mehr – bis morgens um 6.

Die Starttermine für den Flughafen BER

Acht Stunden Stille. So will es ein Volksbegehren und so will es jetzt auch Platzeck. Dass dieser den Bürgerwillen nicht ignoriert, ist ihm grundsätzlich hoch anzurechnen. Jahrelang schließlich tobte in Berlin und Brandenburg der Protest gegen die "Fluchrouten" des geplanten Großstandairports. Aber seine Pirouette verkennt die Realität: Das Nachflugverbot zwischen 0 und 5 Uhr wurde 2011 vom Bundesverwaltungsgericht höchstrichterlich bestätigt. Das ist geltendes Recht. Und es war bereits ein Kompromiss zwischen Anwohnern und Flughafen.

Die Kosten des Hauptstadtflughafens

In den so genannten zwei Randstunden vor Mitternacht und in der Stunde von 5 bis 6 Uhr im Morgengrauen soll am BER ohnehin kein Höchstbetrieb laufen. Für Interkontinentalverbindungen oder bei Verspätungen aber sind diese Zeiten von großer Bedeutung. Wenn der BER wirklich ein Tor zur Welt, weiter wachsen und profitabel sein soll, dann braucht der Flughafen diese drei Randstunden. Sonst wird er schon vor der Eröffnung zum Provinzposten.

Platzeck ist erst vor wenigen Wochen zum Aufsichtsratsvorsitzenden der Flughafengesellschaft avanciert. Er ist nun politisch der Verantwortliche. Dazu gehört auch, dass er die wirtschaftliche Bedeutung des Flughafens offensiv erläutert und verteidigt. Gerade tut er das Gegenteil.

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