Zwar müssen viele Unternehmen in Hochwassergebieten vorübergehend ihren Betrieb einstellen. Unzählige Haushalte erleiden durch die Flut einen Vermögensverlust. Doch sobald sich das Hochwasser zurückzieht, investieren Privatleute, Unternehmen und vor allem die Kommunen. „Es klingt zynisch, aber oft bedarf es eines bösen Anstoßes, um Wachstum zu schaffen“, sagt Udo Ludwig, Ökonom am Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen erwartet der Experte einen „gewissen Wachstumsschub“ – ein neuer Aufbau Ost aus tragischem Anlass.
Für Ökonomen ist dies wenig überraschend. Der Verlust von Vermögen wird bei der Berechnung von Wachstum nicht gegengerechnet. „Das Bruttoinlandsprodukt misst nicht die Schäden, sondern die Schadensbeseitigung“, sagt Ludwig. Sobald Verluste ersetzt würden, entstehe neues Wachstum. Privathaushalte, Unternehmen und Städte bauen zudem schönere Häuser, effizientere Fabriken und stabilere Straßen. „Irgendwann wird dann auch der verloren gegangene Kapitalstock wieder erneuert sein“, so Ludwig.
Schon nach der Jahrhundertflut 2002 war dieses Phänomen zu beobachten. In den Jahren danach „gab es vor allem für Sachsen einen Konjunktureffekt“, sagt Klaus-Heiner Röhl vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln. „Der Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur führte 2003 zu einer Sonderkonjunktur“, vor allem, weil Straßen, Brücken und Wege erneuert wurden. Das Institut für Wirtschaftsforschung in Halle rechnet im aktuellen Fall für die ostdeutschen Bundesländer zunächst mit einer Wachstumsdelle von 0,2 Prozent im zweiten Quartal. Bis Jahresende dürfte sie aber wieder ausgeglichen sein. Ab 2014 könnte die Modernisierung der Infrastruktur weiteres Wachstum nach sich ziehen. Der Saldo wäre positiv.
Bis zu acht Milliarden Euro von Bund und Ländern
Dafür soll vor allem die staatliche Soforthilfe sorgen. Bund und Länder wollen den Flutopfern bis zu acht Milliarden Euro zahlen. Für die Geschädigten hat es sich gut gefügt, dass die Flut im Jahr der Bundestagswahl kam. Kein Politiker will sich jetzt „dem Vorwurf aussetzen, nicht genug für die Flutopfer zu tun“, so Röhl.
Auch Petra Schneider hofft auf Geld. Vor ihrem Geschäft in der Brückenstraße in Grimma hat die 60-Jährige ein Schild aufgestellt: „Ab sofort Flutverkauf.“ Im Hinterhof ihres Hotels, das sie zusätzlich betreibt, verhökert sie das, was das Wasser nicht mitgerissen hat: Töpfe von WMF, Bestecke, Gartenzwerge und Porzellanschüsseln – alles mit Rabatt. Mehr als 30 Grimmaer hatten ihr und ihrem Mann in den vergangenen Tagen geholfen, die Produkte zu putzen, zu trocknen und für den Hofverkauf fertig zu machen. „Die Hilfe hat mich überwältigt“, sagt sie.