Föderalismus Die Ministerpräsidenten spielen ihre Macht aus

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Mehr Geld vom Bund für die Länder

Das sind die größten Baustellen der neuen Regierung
EnergiewendeDie Strompreise steigen, der Ausbau der erneuerbaren Energien kommt nur mühsam voran. Klar ist: Die Ökostrom-Förderung muss reformiert werden, damit die erneut gestiegenen Kosten nicht aus dem Ruder laufen. Auch über die Notwendigkeit des Netzausbaus sind sich die Parteien einig. Für Streit sorgen aber die genauen Trassenplanungen, hier kommt auch Widerstand aus Bundesländern. Umstritten ist, ob neue Kohlekraftwerke gebaut werden sollen, und inwieweit konventionelle Kraftwerke gefördert werden müssen. Quelle: dpa Picture-Alliance
EurokriseDer Bundestag wird aller Voraussicht nach bald über ein drittes Hilfspaket für Griechenland abstimmen müssen. Die Milliardenhilfen sind nötig, weil sich das Land noch nicht selbst an den Märkten finanzieren kann. Auch beim Großprojekt Bankenunion, die die Banken in der EU unter bessere Aufsicht und Kontrolle stellen soll, stehen schwierige Entscheidungen an. Ziel ist, dass nicht mehr die Steuerzahler mit Milliardensummen für Bankenpleiten zahlen müssen. Berlin ist mit den bisherigen Vorschlägen aus Brüssel aber nicht einverstanden. Langfristig steht eine grundlegende Reform der Wirtschafts- und Währungsunion an. Quelle: dpa Picture-Alliance
HaushaltDie Schuldenbremse zwingt Bund und Länder zum Sparen. Die Bundesregierung darf sich ab 2016 nur noch in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes verschulden, was nach bisheriger Planung auch gelingen wird. Die Länder dürfen ab 2020 gar keine Schulden mehr machen und haben teilweise noch größere Anstrengungen vor sich. Dem Sparzwang stehen teure Wahlversprechen der Parteien gegenüber. Es geht um Investitionen in Bildung und Infrastruktur und um die Besserstellung von Familien. Unklar ist, wo das Geld dafür herkommt. SPD und Grüne wollen die Steuern erhöhen, die Union hofft auf Mehreinnahmen durch Wachstum. Quelle: obs
VerkehrStraßen und Schienen müssen vielerorts auf Vordermann gebracht werden. Der Staat hat in den vergangenen Jahren zu wenig Geld in Infrastruktur gesteckt, da sind sich viele Ökonomen und Verbände einig. Umstritten ist aber, wie das angesichts knapper Kassen geändert werden könnte, und welche Prioritäten dabei gesetzt werden sollen. Die CSU setzt als einzige Partei auf eine Pkw-Maut für Ausländer - und will bei dem Thema hart verhandeln. Quelle: dpa
PflegeZwischen Gesundheitsexperten und Politik besteht weitgehend Konsens: Menschen mit Demenz und psychischen Erkrankungen müssen mehr Leistungen aus der Pflegeversicherung bekommen. Bislang ist die Versicherung auf körperliche Gebrechen ausgerichtet. Der Expertenbeirat der Bundesregierung hat Reformvorschläge vorgelegt und eine Umsetzung bis Ende 2014 angemahnt. Die Reform könnte schätzungsweise 200.000 Menschen zugute kommen. Die zusätzlichen Kosten werden auf zwei bis fünf Milliarden Euro veranschlagt. Quelle: dpa
FöderalismusBund und Länder müssen ihre Finanzbeziehungen bis 2019 neu regeln. Dann läuft der Solidarpakt aus, der bislang den neuen Ländern zusätzliche Finanzmittel sicherte. Das bedeutet auch, dass der Länderfinanzausgleich langfristig neu ausgehandelt werden muss. Bayern und Hessen haben bereits gegen den derzeitigen Finanzausgleich geklagt, weil er ihnen zu teuer ist. Eine weiteres Problem im Bund-Länder-Verhältnis: Das Kooperationsverbot. Es schreibt fest, dass der Bund den Bundesländern kein Geld für Bildung überweisen darf. Dies wollen beide Seiten ändern. Quelle: dapd

Doch mit den Altschulden ist es den Ländern nicht getan. „Die Länder benötigen so viel Geld, dass die strukturellen Unterschiede auf der Einnahmenseite zwischen ihnen ausgeglichen werden können“, verlangt der Sachse Tillich Unterstützung. Wer allerdings zusätzliche Wünsche habe, solle diese realisieren, „ohne dass die anderen dadurch finanziell belastet werden“.

Sein neuer Kollege aus Brandenburg ergänzt: „Wichtig ist und bleibt, dass der Bund die finanzielle Ausstattung der Länder und Kommunen verbessert – und nicht die Sparanstrengungen der Länder konterkariert“, fordert Dietmar Woidke (SPD). Der Solidarpakt müsse weiterlaufen: „Auch nach 2019 wird notwendig sein, dass der Bund sich zur Lösung gesamtstaatlicher Aufgaben in den Ländern finanziell engagiert.“

Der Brandenburger, seit dem Frühjahr mit allen Hochwassern gewaschen, sieht den Bedarf nicht nur bei Bildung, Wissenschaft, Forschung und Infrastruktur, sondern auch beim Schutz vor Überschwemmungen. Und generell gelte: „Wir brauchen einen Ausgleich für strukturschwache Regionen – vollkommen unabhängig von Himmelsrichtungen.“

Das ist die neue Standardformulierung, die derzeit etliche Länderchefs im Munde führen. Die Hilfe für die neuen Länder soll umgebaut werden zur Unterstützung von Notgebieten in Ost und West. Die thüringische Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht nennt das „Deutschlandfonds“, über den „zeitlich und räumlich begrenzt Hilfe zu Selbsthilfe geleistet wird“.

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Die Energiewende bremsen

Unter der Leitung von NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) und Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) verhandelt eine eigene Arbeitsgruppe, was im Koalitionsvertrag zur Energieversorgung stehen soll. Die SPD-Spitzenfrau an Rhein und Ruhr steht für einen Kurs, der Rücksicht auf die traditionellen Stromerzeuger nimmt und an Kohlekraftwerken nichts Schändliches finden kann. Zudem kämpft sie dafür, dass energieintensive Industrien großzügige Ausnahmen von den Umlagen für Netzausbau und erneuerbare Energien erhalten.

Altmaier hält zwar offiziell die Fahne für die Energiewende hoch, doch in seiner Unions-Gruppe sind Wirtschaftspolitiker wie Energiewende-Skeptiker Thomas Bareiß (CDU) in der Überzahl. Stark ist auch der sogenannte Kohleflügel der SPD unter den Verhandlern. Wirtschaftsminister Heiko Maas vertritt im Saarland die Interessen von Kohle und Stahl, Ministerpräsident Dietmar Woidke das Braunkohleland Brandenburg.

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