Fragen und Antworten Das soll der Dieselgipfel bringen

Was kommt heraus beim mit Spannung erwarteten Dieselgipfel? So gut wie sicher sind Software-Updates, um den Schadstoffausstoß zu reduzieren. Auf welche Zusagen kann die Politik die Autokonzerne noch festnageln?

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Der Bundesverkehrsminister gehört neben Bundesumweltministerin Barbara Hendricks zu den Gastgebern des Dieselgipfels. Quelle: dpa

Berlin Es geht um die Gesundheit Hunderttausender Menschen an Durchgangsstraßen mit verpesteter Luft. Um Millionen Autobesitzer, die sich Sorgen wegen möglicher City-Fahrverbote für ihre älteren Wagen machen. Und überhaupt um die Zukunft einer Antriebstechnologie, die für die deutschen Autokonzerne immer noch eine tragende Rolle spielt. Wenn sich Bund, Länder und Autoindustrie an diesem Mittwoch in Berlin zu einem Gipfel treffen, lautet das Ziel: Dieselland muss sauberer werden - schnell. Manipulierte Abgaswerte und Kartellvorwürfe gegen mehrere Hersteller setzen die Branche noch zusätzlich unter Druck.

Was ist das Problem?

In vielen deutschen Städten ist die Luft stark mit Stickoxid (NOx) belastet. Das kann Asthmatikern Probleme machen und schadet Pflanzen. Deutschland hat deswegen Ärger mit Brüssel. Diesel-Fahrern könnten Fahrverbote in Städten oder für bestimmte Straßen drohen. Die Politik will das eigentlich nicht. Aber wenn EU-Grenzwerte nicht eingehalten werden, könnten Gerichte Fahrverbote erzwingen. Dazu kommt, dass im Zuge der Abgasaffäre bekannt wurde, dass manche Diesel im Alltag viel mehr Stickoxide ausstoßen als auf dem Prüfstand.

Wer kommt zum Gipfel?

Gastgeber sind Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und seine Umweltkollegin Barbara Hendricks (SPD). Aus dem Kabinett sind noch Brigitte Zypries (SPD/Wirtschaft) und Johanna Wanka (CDU/Forschung) dabei. Dazu kommen neun Ministerpräsidenten: Einerseits aus den „Autoländern“ Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland - anderseits aus den Stadtstaaten Berlin und Hamburg mit hoher Luftverschmutzung. Für die Branche nehmen die Chefs von Volkswagen, Porsche, Audi, Mercedes, BMW sowie Opel und Ford in Deutschland teil. Am Tisch sitzen außerdem Städtetag, IG Metall und die Arbeitgebervereinigung BDA. Ärger gab es vorab, weil Umwelt- und Verbraucherverbände draußen bleiben müssen.

Wie sollen Diesel sauberer werden?

Die Politik fordert, bei Millionen Dieseln der EU-Abgasnormen Euro 5 und 6 die Software so nachzubessern, dass der NOx-Ausstoß bis Ende 2018 spürbar sinkt. Die Kosten sollen die Hersteller tragen, Autos dürfen danach auch nicht mehr verbrauchen. So steht es im Entwurf einer Erklärung von Bund und Ländern. Dort heißt es aber auch, das sei nur ein „erster wichtiger Schritt“ - die Hersteller sollten zudem Konzepte für eine „weitergehende Umrüstung“ direkt an Motorteilen vorlegen, etwa für extra Abgasreinigungssysteme. Autobauer sollten zudem Anreize zum Kauf neuer saubererer Wagen bieten - ob auf eigene Kosten oder ob der Staat doch etwas zuschießt, wird Gipfel-Thema.

Was sagen die Hersteller dazu?

Die Konzerne wollen bisher nicht an die Hardware der Autos heran, da das teurer und komplizierter ist - manche Experten halten es sogar für technisch kaum machbar. Angeboten hat die Branche bis auf weiteres Software-Updates. In neueren Autos regelt diese Software etwa, wann und wie lange Abgase gereinigt werden - hier könnte nachjustiert werden. Dabei will die Branche Fahrverbote dringend verhindern. Das würde den Diesel unattraktiver machen, und könnte auch den Gebrauchtwagenmarkt empfindlich treffen. Auf einen abrupten Einbruch des Diesel-Geschäfts wären die Konzerne nicht vorbereitet.

Was wird sonst noch besprochen?

Es soll einen Fonds für sauberen und modernen Verkehr in Städten geben, Dobrindt hat ein Volumen in dreistelliger Millionenhöhe angekündigt. Die Politik will, dass dafür auch die Autobranche einzahlt - die hat das aber noch nicht zugesagt. Förderprogramme sollen aufgestockt werden, um den Umstieg auf E-Mobilität zu beschleunigen und außerdem den Rad- und Bahnverkehr zu stärken.

Was hat das mit Kartellvorwürfen gegen Autokonzerne tun?

Erst mal nichts - allerdings stehen die deutschen Autobauer wegen des Verdachts illegaler Absprachen zusätzlich unter Druck, die womöglich auch die Abgasreinigung betreffen könnten. Im Entwurf der Politik für den Gipfel wird das Thema erwähnt: Man erwarte von den Betroffenen umfassende Zusammenarbeit mit den Kartellbehörden und Transparenz.

Sind mit dem Gipfel Fahrverbote vom Tisch?

Sicher ausschließen kann der Gipfel drohende Fahrverbote nicht. Dies ist aber der eigentliche Lackmustest aller Maßnahmen - also, dass der Schadstoffausstoß flächendeckend unter die Grenzwerte kommt. Ein Gerichtsurteil in Stuttgart hat kurz vor dem Gipfel gezeigt, dass Nachbesserungen bei der Abgasreinigung womöglich nicht ausreichen. Keine zwei Monate vor der Bundestagswahl kann die Politik nicht mehr all zu viel ausrichten, auch wenn es akut gar nicht um neue Gesetze geht. Vier neue Expertengruppen sollen aber zentrale Themen weiter bearbeiten: weniger Emissionen bei schon zugelassenen Fahrzeugen, Chancen der Digitalisierung, Umrüstungen öffentlicher Fuhrparke sowie alternative Antriebe und Kraftstoffe.

Wird der Diesel jetzt auch Wahlkampfthema?

Dass die Ära von Diesel und Benzin langsam zu Ende geht, ist längst auch Thema im Bundestagswahlkampf. Die Grünen wollen ab 2030 nur noch abgasfreie Autos neu zulassen. Dobrindt mahnt, nicht schon „heute davon zu sprechen, dass man den Verbrennungsmotor beerdigen könnte“. Wann und in welchen Varianten Elektroautos in der Breite kommen, sei doch noch nicht zu sagen. Politisches Gerangel gibt es auch darum, ob das Kraftfahrt-Bundesamt künftig Kompetenzen abgeben sollte, nachdem der VW-Skandal um manipulierte Abgaswerte erst in den USA aufflog.

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