Frankfurter Flughafen Protest wegen Sammelabschiebung nach Afghanistan

Die Sicherheitslage in Afghanistan habe sich verschlechtert. Dennoch werden 45 abgelehnte Asylbewerber in einer Sammelabschiebung dorthin geschickt. Die erste Aktion ihrer Art im neuen Jahr hat nun Protest ausgelöst.

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Frankfurt/Berlin/Kabul Eine Sammelabschiebung von rund 50 abgelehnten afghanischen Flüchtlingen vom Frankfurter Flughafen hat am Montag Proteste ausgelöst. Abschiebungen in ein Kriegs- und Krisengebiet seien inhuman und unverantwortlich, erklärten Pro Asyl und der Paritätische Wohlfahrtsverband. Die Sicherheitslage in Afghanistan habe sich laut UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR in den vergangenen Monaten drastisch verschlechtert.

Knapp 100 Menschen demonstrierten am Abend auf dem Flughafen gegen die erste Aktion dieser Art in diesem Jahr. „Wir protestieren gegen Abschiebungen in ein Land wie Afghanistan“, sagte Sarmina Stuman von der Afghan Refugees Movement, die die Demonstration mit organisiert hatte.

Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt sprach von einem „russischen Roulette auf dem Rücken der Flüchtlinge“. Angesichts der dramatisch verschlechterten Situation in Afghanistan müssten Ablehnungen aus den Jahren 2015 und 2016 noch einmal überprüft werden, forderte er.

Unterstützung kam von Schleswig-Holsteins Innenminister Stefan Studt. Eine Rückkehr „in Sicherheit und Würde“ sei nicht gewährleistet, sagte der SPD-Politiker den Tageszeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland.

Nach offiziellen Informationen aus Kabul wurde eine Maschine mit 45 abgelehnten Asylbewerbern aus Deutschland am Dienstagmorgen in der afghanischen Hauptstadt erwartet. Das Flugzeug sollte am Montagabend vom Frankfurter Flughafen starten. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es nicht.

Bei den Abgeschobenen handelt es sich nach Angaben des Redaktionsnetzwerks Deutschland vor allem um alleinstehende Männer aus Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Darunter seien auch Straftäter.

Ein Sprecher von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) wollte sich in Berlin dazu nicht äußern. De Maizière hatte nach der ersten Sammelabschiebung von 34 Afghanen Mitte Dezember erklärt, dass er solche Aktionen auch künftig gemeinsam mit den Ländern regelmäßiger plane. Im Herbst hatte Deutschland mit Afghanistan ein neues Rücknahmeabkommen getroffen.

Die Abschiebungen sind umstritten, weil es in weiten Teilen Afghanistans Kämpfe zwischen Regierungstruppen und radikalislamischen Taliban gibt und es immer wieder zu Anschlägen kommt. Von den rund 250.000 in Deutschland lebenden Afghanen waren Mitte Dezember nach Angaben des Bundesinnenministeriums rund 11.900 ausreisepflichtig, davon sind etwa 10.300 geduldet.

Pro Asyl nannte die Abschiebung in ein Kriegs- und Krisengebiet mit Billigung von Landespolitikern aus CDU, SPD und Grünen einen „Tabubruch“. „Der Kretschmann-Flügel der Grünen und die Teile der SPD geben rechten Stimmungen nach, um der AfD das Wasser abzugraben“, sagte Geschäftsführer Burkhardt.

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