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Franz Untersteller "Wir werden Windparks in Waldgebieten errichten"

Baden-Württembergs grüner Umweltminister fordert mehr unterirdische Stromtrassen in Deutschland – und will künftig Windparks mitten im Wald errichten lassen.

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Baden-Württembergs Umweltminister Untersteller

WirtschaftsWoche: Herr Minister, warum geht es ausgerechnet im grün-rot regierten Baden-Württemberg mit der Energiewende noch nicht voran? Die Zahl der 2012 installierten Windräder lässt sich an einer Hand abzählen...

Untersteller: Es stimmt nicht, dass nichts vorangeht. Wir haben bereits viel angestoßen, beim Ausbau der Fotovoltaik sind wir bundesweit führend. In Sachen Wind hängen wir hinten dran, weil die Vorgängerregierung alles getan hat, Windkraft zu verhindern! Bisher haben die Regionalverbände des Landes nur eng begrenzte Vorranggebiete für Windkraft ausgewiesen. In allen anderen Gebieten waren Windräder verboten, mithin auf 99 Prozent der Landesfläche! Das haben wir geändert – seit Mai gibt es prinzipiell keine Ausschlussgebiete mehr. Die Kommunen dürfen außerhalb der regionalen Vorrangplanung über Flächennutzungspläne eigene Standorte erschließen. Das Interesse ist riesig. Die Kommunen haben erkannt, dass Windkraft mit regionaler Wertschöpfung verbunden ist, mit Gewerbesteuer- und Pachteinnahmen.

Kritiker wie der Schwarzwaldverein warnen vor einer Verspargelung der Landschaft, wenn jede Kommune ihr eigenes Wind-Süppchen kocht.

Das kann ich nicht nachvollziehen. Kommunen und Regionalverbände werden sich planerisch abstimmen, das läuft vielerorts bereits. Sicher, ein Windrad kann man nicht übersehen, das ist der Preis der Energiewende. Konflikte mit dem Tourismus kann ich aber nicht erkennen, dafür gibt es aus Bundesländern, in denen schon heute zahlreiche Windräder stehen, meines Wissens keine Belege. In den touristisch geprägten Schwarzwaldgemeinden Glottertal und Münstertal haben sich die Leute sogar per Bürgerentscheid für Windräder ausgesprochen. Die Bürger unterstützen Windkraft, wenn sie sich beteiligen und finanziell profitieren können, etwa über Energiegenossenschaften.

So bewerten Unternehmer die grün-rote Regierung
Wolfgang Grupp, Trigema-Chef"Offen gesagt, Herr Kretschmann ist top, mir fällt nichts ein, was er falsch gemacht haben könnte. Er macht das, was letztlich jede Regierung tun muss: Er regiert nicht gegen die Unternehmer, die ihren Job machen und Arbeitsplätze schaffen, sondern er kümmert sich um solche Unternehmen. Seine Orientierung auf alternative Energien und Produkte finde ich gut. In der Schulpolitik ist es allerdings wichtig, dass wir nicht nur Abiturienten und Hochschulabgänger produzieren, denn wir brauchen die Facharbeiter auch in Zukunft mehr denn je, denn Europa wird ohne Produktionsarbeitsplätze nicht zukunftsfähig sein." Quelle: dapd
Franz Fehrenbach, Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH Quelle: dpa
Dr. Herbert Müller, Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart "Weder bei Haushaltskonsolidierung, beruflicher Bildungspolitik, Verkehrsinfrastruktur, Technologietransfer und bei den Konzepten zur Energiewende überzeugt der Kurs der grün-roten Landesregierung. Trotz sprudelnder Steuereinnahmen werden keine Schulden abgebaut und in den kommenden Jahren weitere deutliche Defizite akzeptiert. Man hat die Grunderwerbssteuer erhöht, im Bund fordert man die Heraufsetzung des Spitzensteuersatzes, was die Mitte der Leistungsträger unter den Arbeitnehmern trifft. Hier und dort reagiert man zwar auf den Rat der Wirtschaft. In der Breite aber testet die Landesregierung unverändert die Belastungsfähigkeit der Unternehmen in einem Maße, das wir für kritisch halten. Als wir beispielsweise sehr frühzeitig auf die Probleme in der Energieversorgung des Landes und die damit verbundenen Herausforderungen aufmerksam machten, wurde dies mit großer Empörung zurückgewiesen. Inzwischen besteht Einigkeit, dass diese Risiken drohen und keine Fiktion sind. Das ist schon einmal ein Fortschritt." Quelle: Pressebild
Michael Rogowski, Ex-Chef des Maschinenbauers Voith und Ex-BDI-Chef„Das erste Jahr Grün-Rot verlief weniger dramatisch, als ich befürchtet habe. Ich habe keinen Grund zur Klage. Die anfänglich schädlichen Äußerungen von Ministerpräsident Kretschmann über die Autoindustrie haben sich mehr als Pulverdampf denn als Munition erwiesen. Kretschmann erwies sich als relativ pragmatischer, überlegter Mann. Positiv ist für mich, dass es keinen grundsätzlichen Schwenk gab. Negativ ist, dass in Baden-Württemberg wie in Berlin keine klare Linie in der Energiepolitik zu erkennen ist.“ Quelle: dpa/dpaweb
Mark Bezner, Olymp (Hemden) Quelle: Pressebild
Richard Kammerer, Karl Knauer KG Quelle: Pressebild
Markus Rudolph, Rudolph Trucking and Handling GmbH (Logistik) Quelle: Pressebild

Insgesamt sollen bis 2020 in Baden- Württemberg rund 1000 neue Windräder entstehen. Wo sollen die denn alle hin?

Zunächst mal: Dank des technischen Fortschritts werden die Anlagen immer leistungsstärker, sodass am Ende weniger als 1000 nötig sein dürften. Den meisten Wind haben wir im Ostalbkreis, hinzu kommen die Hohenloher Ebene sowie die Hochlagen des Schwarzwaldes und der Schwäbischen Alb. Die neue Generation der Windräder ist 140 Meter hoch, die können sie auch in Gebieten aufstellen, die bislang für Windkraft kaum nutzbar waren.

Zum Beispiel?

Im Wald. 30 Prozent des Waldes in Baden-Württemberg sind in Landesbesitz. Wir werden als Regierung einen eigenen Beitrag zur Energiewende leisten und Windparks in Waldgebieten fern von Wohnbebauung errichten. Erste Planungen und Gespräche mit der Forstverwaltung laufen. Unser Ziel ist, in Baden-Württemberg bis 2020 rund 38 Prozent der Bruttostromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen zu beziehen.

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