
WirtschaftsWoche: Herr Minister, warum geht es ausgerechnet im grün-rot regierten Baden-Württemberg mit der Energiewende noch nicht voran? Die Zahl der 2012 installierten Windräder lässt sich an einer Hand abzählen...
Untersteller: Es stimmt nicht, dass nichts vorangeht. Wir haben bereits viel angestoßen, beim Ausbau der Fotovoltaik sind wir bundesweit führend. In Sachen Wind hängen wir hinten dran, weil die Vorgängerregierung alles getan hat, Windkraft zu verhindern! Bisher haben die Regionalverbände des Landes nur eng begrenzte Vorranggebiete für Windkraft ausgewiesen. In allen anderen Gebieten waren Windräder verboten, mithin auf 99 Prozent der Landesfläche! Das haben wir geändert – seit Mai gibt es prinzipiell keine Ausschlussgebiete mehr. Die Kommunen dürfen außerhalb der regionalen Vorrangplanung über Flächennutzungspläne eigene Standorte erschließen. Das Interesse ist riesig. Die Kommunen haben erkannt, dass Windkraft mit regionaler Wertschöpfung verbunden ist, mit Gewerbesteuer- und Pachteinnahmen.
Kritiker wie der Schwarzwaldverein warnen vor einer Verspargelung der Landschaft, wenn jede Kommune ihr eigenes Wind-Süppchen kocht.
Das kann ich nicht nachvollziehen. Kommunen und Regionalverbände werden sich planerisch abstimmen, das läuft vielerorts bereits. Sicher, ein Windrad kann man nicht übersehen, das ist der Preis der Energiewende. Konflikte mit dem Tourismus kann ich aber nicht erkennen, dafür gibt es aus Bundesländern, in denen schon heute zahlreiche Windräder stehen, meines Wissens keine Belege. In den touristisch geprägten Schwarzwaldgemeinden Glottertal und Münstertal haben sich die Leute sogar per Bürgerentscheid für Windräder ausgesprochen. Die Bürger unterstützen Windkraft, wenn sie sich beteiligen und finanziell profitieren können, etwa über Energiegenossenschaften.





Insgesamt sollen bis 2020 in Baden- Württemberg rund 1000 neue Windräder entstehen. Wo sollen die denn alle hin?
Zunächst mal: Dank des technischen Fortschritts werden die Anlagen immer leistungsstärker, sodass am Ende weniger als 1000 nötig sein dürften. Den meisten Wind haben wir im Ostalbkreis, hinzu kommen die Hohenloher Ebene sowie die Hochlagen des Schwarzwaldes und der Schwäbischen Alb. Die neue Generation der Windräder ist 140 Meter hoch, die können sie auch in Gebieten aufstellen, die bislang für Windkraft kaum nutzbar waren.
Zum Beispiel?
Im Wald. 30 Prozent des Waldes in Baden-Württemberg sind in Landesbesitz. Wir werden als Regierung einen eigenen Beitrag zur Energiewende leisten und Windparks in Waldgebieten fern von Wohnbebauung errichten. Erste Planungen und Gespräche mit der Forstverwaltung laufen. Unser Ziel ist, in Baden-Württemberg bis 2020 rund 38 Prozent der Bruttostromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen zu beziehen.