Cannabis-Agentur geplant: Viele Landwirte würden Hanf anbauen
Der Kampf für die Freigabe von Cannabis in Deutschland geht in die entscheidende Runde. Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg ist mit dem Widerspruch gegen das Verbot des regulierten Verkaufs von Cannabis erneut gescheitert. Das belegt ein Bescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), welcher der WirtschaftsWoche vorliegt. „Der Verkauf von Cannabis zu Genusszwecken ist mit dem Betäubungsmittelgesetz nicht vereinbar“, schreibt die Behörde (siehe Originaldokument). Die Entscheidung ist ein schwerer Schlag für alle deutschen Kommunen, die Cannabis-Abgabestellen aufbauen wollen, um den Drogenkonsum besser kontrollieren zu können.
Ob das Berliner Bezirksamt gegen den Bescheid klagt, entscheidet sich in den kommenden Tagen. Aktuell prüfe ein Jurist die Argumente, teilte die Behörde mit. Der Berliner Projektleiter Horst-Dietrich Elvers ist aber skeptisch: „Das Verfahren wäre ein finanzielles Risiko, das wir uns nicht leisten können“, sagte er der WirtschaftsWoche. Hilfe könnte aus Düsseldorf kommen: Die Stadt bereitet gerade ebenfalls einen Antrag vor, der den regulierten Verkauf von Cannabis an Erwachsene ermöglichen soll. Die Bedingung dafür ist eine aufwendige wissenschaftliche Begleitung des Projektes, um zu klären, welche gesundheitlichen Auswirkungen die Legalisierung von Cannabis hat. Es wäre aber auch denkbar, Berlin bei einer Klage zu unterstützen, hieß es aus dem Düsseldorfer Beratergremium. Ein Ratsmitglied der Grünen bekräftigte die Ambitionen: „Wir wollen, dass das Projekt in Deutschland Schule macht“.

Im Vergleich zu anderen Ländern ist die Drogenpolitik in Deutschland relativ restriktiv. Anbau, Herstellung und Handel mit Cannabis sind hierzulande strafbar. In den Niederlanden dagegen ist der Verkauf in Coffeeshops erlaubt. Und in den USA blüht derzeit eine ganze Cannabis-Industrie: In 23 Bundestaaten darf Marihuana zu medizinischen Zwecken verkauft werden. In Colorado ist der Verkauf offiziell freigegeben, 2015 betrug der Umsatz 996 Millionen Dollar, berichten US-Medien.
Cannabis-Gesetze weltweit
Uruguay hat seit 2013 weltweit die liberalsten Gesetze. Verkauf von Cannabis mit THC-Gehalt bis zu 15 Prozent ist legal. Die Umsetzung dauert noch bis Ende 2015. Statt selbst anzubauen, erteilt der Staat Produktionslizenzen an Unternehmen. Verkauf über Apotheken – und zwar billig: ein Dollar pro Gramm. Nur an Einheimische. Behörde kontrolliert. Käufer werden registriert.
Mindestalter: 18
Besitz: Unbegrenzt
Verkauf: Club, Apotheke, Eigenanbau
Der US-Bundesstaat erlaubt den privaten Besitz und Konsum von Cannabis. Verkauft wird Hanf in Fachgeschäften. Das Geschäft lockt Touristen in Scharen. Auch der kommerzielle Anbau ist erlaubt. Joints in der Öffentlichkeit sind tabu. Ähnliche Regelungen gibt es in Alaska, Washington, Oregon. Die Hauptstadt Washington DC erlaubt den Besitz, verbietet aber den Verkauf.
Mindestalter: 21
Besitz: 28 Gramm
Verkauf: Hanfshops
Die Niederlande sind Europas Kifferparadies. Doch der Konsum von Joints ist nur in Coffeeshops erlaubt – und zwar nur für Holländer und in Holland lebende Ausländer. Ansonsten bleibt der Hanfbesitz verboten. Bis fünf Gramm werden aber strafrechtlich nicht verfolgt. Kommerzieller Anbau ist verboten. Coffeeshop-Inhaber importieren Gras etwa aus Marokko.
Mindestalter: 18
Besitz: Nur Konsum in Coffeeshops
Verkauf: Coffeeshops
Portugal setzt zwar weiterhin auf Prohibition und verbietet den Besitz von Cannabis, behandelt Kiffer (und Konsumenten anderer Drogen) aber nicht mehr als Kriminelle. Wer mit bis zu 25 Gramm Cannabis erwischt wird, muss Sozialstunden ableisten oder wird zum Therapeuten geschickt. Die Stigmatisierung fällt somit weg.
Mindestalter: Grundsätzlich verboten
Besitz: Entkriminalisiert bis 25 Gramm
Verkauf: Verboten
Spanien entwickelt sich zum Kifferhotspot Europas. Der Staat erlaubt den Eigenanbau und privaten Konsum von Cannabis zu Hause. Auch Kifferclubs sind erlaubt. Landesweit gibt es rund 500 davon, allein 200 in Barcelona. Die Stadt gilt inzwischen als „New Amsterdam“. Kauf und Verkauf von Hanf sind verboten.
Mindestalter: 18
Besitz: Eigenanbau
Verkauf: Verboten
Cannabis-Produkte sind illegale Suchtmittel. Besitz, Anbau und Handel sind verboten. Das Betäubungsmittelgesetz sieht Geldstrafen oder bis zu fünf Jahre Haft vor. Beim Umgang mit „nicht geringen Mengen“ - bei Haschisch und Marihuana 500 Konsumeinheiten à 15 Milligramm Tetrahydrocannabinol (THC) - liegt die Höchststrafe bei 15 Jahren Haft. Für „Gelegenheitskiffer“ kennt das Gesetz die Untergrenze der „geringen Menge“ zum Eigenverbrauch. Bei wenigen Konsumeinheiten kann die Staatsanwaltschaft von einer Strafverfolgung absehen. Das ist in den Bundesländern unterschiedlich geregelt.
Ein Jahr nach der Legalisierung von Cannabis für medizinische Anwendungen hat die Substanz nach Medienberichten noch keinen Patienten erreicht. Zwar können Ärzte bei schweren Erkrankungen wie Krebs, Multipler Sklerose oder Parkinson Cannabis verschreiben, doch ist das Mittel noch nicht verfügbar. Kritiker werfen dem Gesundheitsministerium in Prag mutwillige Verzögerung bei der Vergabe von Züchterlizenzen vor.
Wie sich die Legalisierung auf die Gesundheit der Bevölkerung auswirkt, ist noch nicht hinreichend erforscht. Kritiker sagen, dass der Konsum von Cannabis abhängig macht und zu schweren gesundheitlichen Schäden führen kann. Außerdem argumentiert das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, dass die Legalisierung von Hanf eine neue Zielgruppe ansprechen würde, die bisher noch nie einen Joint geraucht haben. Befürworter in Kommunen wie Düsseldorf, Berlin, Köln oder Duisburg betonen dagegen, dass die Freigabe eine Prävention erst ermögliche und erhoffen sich, dass der illegale Drogenmarkt durch eine Legalisierung ausgetrocknet wird.