Freihandelsabkommen Zehntausende gegen TTIP und Ceta

Die Organisatoren der Demos gegen TTIP und Ceta haben über 300.000 Teilnehmer gezählt, die Polizei geht von mindestens 180.000 aus. Am Montag wird die SPD darüber abstimmen, ob sie das Abkommen mitträgt.

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Mehr als 15.000 Menschen beteiligen sich in Frankfurt am Main an einer Großdemonstration gegen TTIP und Ceta. Quelle: dpa

Berlin Hunderttausende Menschen haben am Samstag gegen die geplanten EU-Freihandelsabkommen mit den USA und Kanada demonstriert. Die Veranstalter sprachen von 320.000 Teilnehmern in sieben Großstädten, die Polizei von mindestens 180.000. „Die Bundesregierung muss endlich die Notbremse ziehen und das Nein der Bürgerinnen und Bürger zu Ceta und TTIP respektieren“, erklärten die Organisatoren der Proteste, ein Bündnis von Gewerkschaften, Kirchen, Sozialverbänden, Globalisierungsgegnern sowie Umwelt- und Verbraucherschützern.

Sie lehnen die geplanten Abkommen der EU mit den USA (TTIP) und Kanada (Ceta) ab. Wirtschaftsverbände warfen den Organisatoren das Schüren von Ängsten vor und warnten vor dem Vergeben einer einmaligen Chance.

Allein in Berlin gingen nach Angaben von Veranstaltern und Polizei 70.000 Menschen auf die Straße. Auch in Hamburg, Köln, München, Stuttgart, Frankfurt und Leipzig gab es Proteste. Viele Teilnehmer trugen Plakate mit Aufschriften wie „TTIP – nein danke!“.

In Köln protestierten Landwirte mit einem Traktor-Korso. Die Organisatoren forderten insbesondere die SPD auf, Ceta zu stoppen. Ein SPD-Konvent soll am Montag über die Zustimmung zum parteiintern umstrittenen Abkommen zwischen der EU und Kanada entscheiden. Die politische Zukunft von SPD-Chef und Ceta-Befürworter Sigmar Gabriel hängt davon ab. Proteste gab es auch in österreichischen und schwedischen Städten.

Die Befürworter der Abkommen versprechen sich davon einen Wachstumsschub auf beiden Seiten des Atlantiks, die Schaffung Hunderttausender neuer Arbeitsplätze und das Setzen von Normen, die zum globalen Maßstab werden.


Gegner fürchten um Sozialstandards

Die Gegner fürchten etwa um Arbeitnehmerrechte und andere Sozialstandards sowie den Verbraucher- und Umweltschutz. Das Ceta-Abkommen ist seit zwei Jahren ausverhandelt und soll Ende Oktober unterzeichnet werden. Es gilt als Blaupause für TTIP, das derzeit noch zwischen der EU und den USA verhandelt wird. Die Chancen für eine Verwirklichung von TTIP gelten als beschränkt, da diese an den US-Präsidenten Barack Obama geknüpft werden, dessen Amtszeit im Januar endet.

Laut dem Präsident endes Außenhandelsverbandes BGA, Anton Börner instrumentalisieren die Interessengruppen die Angst vor Überfremdung. „Wider besseres Wissen wird weiterhin gegen TTIP und Ceta Fundamentalopposition betrieben“, erklärte er. „Sie befördern ein dumpfes Gefühl, dass wir künftig Großkonzernen aus dem Reich des Bösen schutzlos ausgeliefert seien.“

Ähnlich äußerte sich der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie, Matthias Wissmann. „Die Anti-TTIP-Bewegung will nicht informieren, sie will manipulieren“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) warb für die Abkommen: „Auf der einen Seite wird Ceta Märkte öffnen, auf der anderen Seite wird es uns auch helfen, die Globalisierung mitzugestalten durch gute Regeln“, sagte die BDI-Außenwirtschaftsexpertin Stormy-Annika Mildner, dem Deutschlandfunk.

SPD-Chef Gabriel warnte in der „Bild am Sonntag“ erneut vor einem Scheitern von Ceta. Dann wäre der Versuch, die Globalisierung mit zu gestalten, auf Jahrzehnte gescheitert. „China und die USA würden dann die Standards für Handelsabkommen setzen.“

Die Folge wären Freihandelsabkommen „mit intransparenten privaten Schiedsgerichten, aber ohne Schutz der Arbeitnehmer und der Umwelt“. Gabriel hat in der Parteispitze zwar Rückendeckung für eine Zustimmung zu dem Abkommen. An der Parteibasis gibt es aber große Vorbehalte.

EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström verteidigte die Abkommen. In der Debatte gebe es „viele Missverständnisse, Schauermärchen und Lügen“, sagte sie der „Bild“. „Unsere Demokratie wird selbstverständlich nicht ausgehöhlt, wie manche zu glauben scheinen.“

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