Freytags-Frage

Wie kann Deutschland Frankreich bei Reformen unterstützen?

Seite 2/2

Das Schicksal der EU hängt von transparenter Politik ab

Damit Herr Macron seine Reformvorstellungen tatsächlich umsetzen kann, braucht er also auch Unterstützung aus Europa, die es gerade den Reformbremsern erschwert, sich zu entfalten. Das heißt: Die europäischen Partner dürfen Frankreich jetzt gerade nicht aus der Pflicht zum sparsamen Umgang mit knappen Ressourcen entlassen. Im Gegenteil, sie müssen auf der Einhaltung der Verträge beharren, wohl wissend, dass das Haushalts-Kriterium des Stabilitäts- und Wachstumspaktes (SWP) ohnehin nie durchsetzbar war. Es ist auch klar, dass man den neuen Präsidenten jetzt nicht mit Forderungen nach strenger Austerität bombardieren sollte. Die Rhetorik muss stimmen. Der Präsident muss seinen Kritikern zu Hause, die sich den Reformen verweigern wollen, etwas entgegenzusetzen haben.

Emmanuel Macron hat die Präsidentschaftswahl in Frankreich gewonnen. Das ist eine gute Nachricht für das Land und Europa. Für den Wahlsieger ist das Ergebnis vor allem ein Auftrag, diese Chance nicht erneut zu vertun.
von Karin Finkenzeller

Insgeheim kann man ja – wie von Herrn Gabriel lautstark gefordert – die SWP-Kriterien etwas in den Hintergrund rücken. Das muss Herr Macron dann aber selber als Zugeständnis der Kommission „heraushandeln“. Es ist klar, dass Europas Schicksal nicht daran hängt, ob das französische Budgetdefizit im Jahre 2018 genau drei Prozent oder aber 3,5 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) beträgt. Es ist aber klar, dass das Schicksal der Europäischen Union maßgeblich daran hängt, dass die Politik transparent ist und Regeln folgt. Im Zweifel sollten wir für die drei Prozent stimmen.

Möglicherweise verstehen die beiden Spitzen-Sozialdemokraten, die so explizit höhere Ausgaben und deutsche Solidarität, vulgo deutsches Geld gefordert haben, diese Logik nicht. Dabei ist sie eine politische, keine ökonomische Logik. Ihre bisherigen Aussagen und der Wahlkampf des Kanzlerkandidaten lassen jedenfalls diesen Schluss zu. Es ist die Aufgabe des Wahlkampfteams im Willy-Brandt-Haus, den Herren Gabriel und Schulz zu vermitteln, dass jetzt Diplomatie gefordert ist, die sowohl den französischen Befindlichkeiten als auch den Wünschen der deutschen Steuerzahler nach vernünftigem Umgang mit deutschem Geld Rechnung tragen. Laute und voreilige Forderungen nach deutscher Solidarität mit französischen Reformverweigerern helfen weder Frankreich noch der SPD.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%