Freytags-Frage

Wollen oder können die Grünen die Marktwirtschaft nicht begreifen?

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Keine Quoten

Das heißt natürlich nicht, auf nationale Politik zu verzichten. Wenn man die globale Menge richtig, das heißt ökologisch nachhaltig, verhandelt, legt man – wie im Kyoto-Protokoll geschehen – auch gleich die jeweiligen nationalen CO2-Mengen fest. Diese müssen dann innerstaatlich alloziiert werden. Macht man das genauso wie global, das heißt mit einer Höchstausstoßmenge und einem entsprechenden Zertifikatehandel, bedarf es keinerlei weiterer Interventionen, wie sie im Antrag es Grünen zu finden sind:

1. Man muss – anders als die Grünen es wollen – keinen neuen Wohlstandsbegriff prägen. Denn nun wird Wohlstand angestrebt, ohne die Natur zu verwüsten. Wer heizen will, darf das tun, wer Kohlstrom produzieren will, auch; nur muss man die richtigen Preise dafür bezahlen.

2. Man braucht keine Sektorenkoppelung, also spezielle Maßnahmen für jeden Sektor, denn nun ist es im Interesse der/des Einzelnen, ohne hohen CO2-Ausstoß auszukommen, egal in welchem Sektor. Es wird dort der Ausstoß eingespart, wo es am günstigsten ist.

3. Niemand muss Quoten für Elektroautos festlegen, sie werden von selbst interessant. Oder aber eine andere klimaneutrale Technologie in der Mobilität setzt sich durch – vielleicht sogar eine, die noch kein Grüner kennt.

4. Niemand muss fossile Heizungen verbieten und andere Wärmesysteme subventionieren. Auch hier wird es Strukturwandel und Innovationen geben. Dies geschieht aus dem Interesse der Menschen, Kosten zu sparen.

Um all das zu realisieren, bedarf es also nur eines spürbaren Preises für den CO2-Ausstoß – hier ist den Grünen in ihrer Kritik am Klimapaket der Bundesregierung aus dem September zuzustimmen. Ein spürbarer Preis wird viele Aktivitäten, an die wir uns gewöhnt haben, verteuern. Es wird ein politischer Kraftakt werden, dies national wie global durchzusetzen.

Dennoch erscheinen vor diesem Hintergrund alle Versuche, die Menschen zu ändern, sie zu gängeln und ihnen Technologien und Konsummuster vorschreiben zu wollen, unvernünftig – und vor allem – wesentlich schwerer durchzusetzen – zu sein. Wenn die Grünen den Klimaschutz ernst meinen, nehmen sie Abstand von Umerziehungsprogrammen und setzen auf die innovativen Fähigkeiten der Vielen auf funktionierenden Märkten. Das ist in Deutschland wesentlich einfacher als im globalen Kontext.

Eines kommt hinzu: Nur wenn Klimaschutz hier gut funktioniert, ohne die Märkte funktionsunfähig und die Menschen arm und unmündig zu machen, kann man die Menschen anderswo, zum Beispiel in den Schwellenländern, überzeugen mitzumachen. Auf den drohenden Klimawandel muss man mit Geschäftsmodellen und nicht mit totalitären Ideen reagieren. Dann wird der Klimaschutz eher gelingen.

Genau deshalb sind die Grünen heute immer noch viel zu interventionistisch und kleinteilig. Sie wollen Technologien und Preise sektoral festlegen. Sie wollen überall eingreifen und die Menschen bevormunden. Setzt sich das vom Bundesvorstand vorgeschlagene Programm in der deutschen Politik durch, dürfte die Marktwirtschaft in Deutschland eher grundsätzlich in Frage gestellt werden – und damit der Wohlstand. Als Konsequenz droht dann auch das Ende der Demokratie, weil sich die Menschen das nicht gefallen lassen und dann möglicherweise den Rattenfängern von links oder rechts auf den Leim gehen.

Die Grünen wären eine echte Größe in der deutschen Politik, wenn sie endlich verstehen würden, dass Marktwirtschaft und Umweltschutz komplementär sind. Nur mit marktwirtschaftlichen Instrumenten kann das Klima gerettet werden. Würden die Grünen dafür eintreten, wäre die Unterstützung für eine klimafreundliche Wirtschaftspolitik viel breiter – und international fiele die Werbung dafür viel leichter. Wenn es den Grünen wirklich ums Klima geht, sollten sie anfangen, das zu begreifen!

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