Freytags-Frage

Was ist eine zielführende Arbeitsteilung zwischen Staat und privat?

Seite 2/2

Klimaschutz braucht unternehmerische Initiative, keine politische

Anstatt zum Beispiel der Pflicht zum Homeoffice mit enormen Berichtspflichten, der Überregulierung und damit faktischen Zerstörung des Wohnungsmarktes oder einer Erhöhung des Mindestlohnes um ein Viertel sollte es eine Art „angebotspolitischer Revolution“ geben, damit die europäische Wirtschaft sich schnell erholt und die nötigen Spielräume erhält, die Beschäftigungsverluste schnell aufzuholen. Im außereuropäischen Ausland wird man nicht schlafen. Damit die europäischen Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben, bedarf es einer Neuformulierung der Wirtschaftspolitik hin zu mehr unternehmerischer Freiheit und weniger staatlicher Gängelung.

Das muss keineswegs im Widerspruch zu einer wirksamen Klimapolitik stehen, ganz im Gegenteil. Die Europäische Kommission ruft mit dem Green Deal zu einem Aufbruch auf, scheint aber zu glauben, dass die unternehmerische Initiative dazu direkt aus der Brüsseler Zentrale der Kommission zu kommen hat. Frau von der Leyen spricht in diesem Zusammenhang von Europas „Man-on-the-moon-moment“, als ob die klimafreundlichen Technologien auf den Gängen des Charlemagne-Gebäudes entwickelt werden können.



Hier ist die optimale Arbeitsteilung zwischen Staat, also nationalen Regierungen und europäischer Ebene, und Privaten im Grunde noch simpler. Politisch muss eine Emissionsgrenze oder ein entsprechender Emissionspreis vorgegeben werden. Die Unternehmen werden dann die Technologien entwickeln. Hilfreich ist eine großzügige – technologieneutrale – Förderung der Forschungs- und Entwicklungstätigkeit europäischer Unternehmen. Schädlich sind Vorschriften über Technologien oder sektorspezifische Vorgaben. Dem Klima ist es egal, ob die CO2-Emission beim Verkehr oder bei der Wärmeerzeugung eingespart werden. Gewählt werden sollte die preiswerteste Variante. Diese Variante kennt weder Frau von der Leyen noch Herr Altmaier; sie ergibt sich im Wettbewerb. Deshalb ist von industriepolitischen Initiativen ernsthaft abzuraten.

Gleiches gilt für eine besondere Versuchung auf der außenhandelspolitischen Ebene, die für alle drei und weitere Herausforderungen darin zu bestehen scheint, den Wettbewerb mit dem Ausland zu beschränken. Die Europäische Kommission spricht von strategischer Autonomie. Was das im Detail bedeutet, bleibt vage. Man kann sich aber vorstellen, dass der französische Präsident darunter die Einführung hoher Protektionsmauern versteht.

Selbst die Bundesregierung wirkt hier nicht stabil. Dabei sollte allen Beteiligten klar sein, dass gerade der Klimaschutz eine exportstarke und innovative europäische Wirtschaft braucht. Werden die Importe nach Europa behindert, leiden auch die Exporte – mit Importbeschränkungen werden automatisch auch Exporte reduziert, das kann man nicht verhindern.

Das interessiert WiWo-Leser heute besonders

Geldanlage Das Russland-Risiko: Diese deutschen Aktien leiden besonders unter dem Ukraine-Krieg

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine belastet die Börsen. Welche deutschen Aktien besonders betroffen sind, zeigt unsere Analyse.

Krisenversicherung Warum Anleger spätestens jetzt Gold kaufen sollten

Der Krieg in der Ukraine und die Abkopplung Russlands von der Weltwirtschaft sind extreme Inflationsbeschleuniger. Mit Gold wollen Anleger sich davor schützen – und einer neuerlichen Euro-Krise entgehen.

Flüssigerdgas Diese LNG-Aktien bieten die besten Rendite-Chancen

Mit verflüssigtem Erdgas aus den USA und Katar will die Bundesregierung die Abhängigkeit von Gaslieferungen aus Russland mindern. Über Nacht wird das nicht klappen. Doch LNG-Aktien bieten nun gute Chancen.

 Was heute noch wichtig ist, lesen Sie hier

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die drei hier beispielhaft diskutierten Herausforderungen einen starken Staat brauchen. Dieser wehrt sich gegen Einmischungen von außen, setzt klare Regeln für das Wirtschaften im Inneren und legt Obergrenzen für Treibhausgasemissionen fest. Er verzichtet aber darauf, selber unternehmerisch tätig zu werden und den Strukturwandel im Detail steuern zu wollen. Dies wird den privaten Akteuren überlassen, denn die haben die Expertise und tragen das Risiko, was den Realitätssinn der unternehmerischen Entscheidungen im Vergleich zu staatlichen Unternehmen vermutlich deutlich erhöht. Nur mit dieser Arbeitsteilung kann die Bewältigung der Herausforderungen gelingen.

Mehr zum Thema: In den Niederlanden haben NGOs das Erdölunternehmen Shell verklagt. Sie wollen den Konzern zwingen, den Verkauf von Erdöl annähernd zu halbieren. Ein solches Urteil hätte fatale Folgen.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%