Freytags-Frage
Quelle: imago images

Sollte die GroKo beendet werden?

Die GroKo basiert nicht auf Vertrauen, Selbstsicherheit und dem Wunsch zur Gestaltung. Vielmehr wird deutlich, dass beide Partner darunter leiden, die Akteure wirken ermattet. Also besser die Koalition auflösen?

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Die sogenannte Große Koalition (GroKo) wackelt erheblich – und das nicht erst seit dem letzten Wochenende, als die Sozialdemokraten (SPD) ihre neuen Vorsitzenden durch eine Mitgliederbefragung ermittelten. Wie im ganzen Land zeigt sich auch in der SPD eine Spaltung. Etwa die Hälfte der wählenden Mitglieder haben die GroKo grundsätzlich bestätigt, die andere (etwas größere) Hälfte will sie offenbar nicht mehr. So wenigstens kann das Ergebnis des Mitgliederentscheids zum Parteivorsitz interpretiert werden.

Als Konsequenz aus diesem Votum hat sich innerhalb der SPD eine recht dynamische Debatte über die Zukunft entwickelt. Dabei wundert es nicht, dass die Amtsträger eher dafür sind, in der Koalition zu bleiben. Die neuen Vorsitzenden sind hingegen eher skeptisch und haben sogleich die Forderung nach Neuverhandlungen des Koalitionsvertrages erhoben.

Dabei hat sich die SPD in den wesentlichen Fragen gegen den größeren Koalitionspartner, die Christdemokraten (CDU) und Christsozialen (CSU) systematisch durchgesetzt, so zuletzt bei der Umsetzung der Grundrente. Gerade dies hat in der CDU so viel Unwillen hervorgerufen, dass die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer die Gelegenheit zum Teilrückzieher genutzt und die vorbehaltlose Bestätigung der GroKo auf dem bevorstehenden Parteitag der SPD am Wochenende in Berlin zur Vorbedingung für die parlamentarischen Bestätigung des Kompromisses zur Grundrente gemacht hat. Sie hat dies quasi in einem Nebensatz bei ihrem Truppenbesuch in Afghanistan fallen gelassen und so die Schuld für den möglichen Bruch der GroKo schon mal ins Willy-Brandt-Haus verlagert.

Allein diese Reaktion zeigt, dass die GroKo nicht auf der Basis von Vertrauen, Selbstsicherheit und dem Wunsch zur Gestaltung gründet, wie es im Grunde seit ihrem Neuanfang im Frühjahr 2018 zu beobachten ist. Vielmehr wird ständig deutlich, dass beide Partner darunter leiden – seltsam matt wirken die Akteure. Trotz einer Vielzahl von Gesetzesinitiativen verlieren sie nach und nach das Vertrauen der Bevölkerung. Als Konsequenz schaffen es auf der einen Seite die Grünen und Klimaaktivisten und auf der anderen Seite Rassisten und Nationalisten, die Koalition vor sich herzutreiben.

Deren Maximalforderungen und hysterischen Behauptungen (hier die Klimakatastrophe, dort die „Umvolkung“) haben die Koalitionäre nicht viel entgegenzusetzen. In dieser Kraftlosigkeit und Unentschlossenheit liegt eine große Gefahr. Denn im radikalen Lärm und der überbordenden Empörung geht die Rationalität unter. Die Mitte der Gesellschaft hat zumindest in der GroKo keine Stimme mehr, obwohl man nicht behaupten kann, die Regierung hätte das Augenmaß verloren. Sie ist zumindest kaum zu hören.

In ihrer Not wollen Teile der SPD die Koalition verlassen. Man kann sie verstehen. Allerdings kristallisiert sich vor dem Parteitag der SPD an diesem Wochenende heraus, dass der Mut der neuen Spitze begrenzt ist – wahrscheinlich verbleibt die SPD in der GroKo.

Das ist schade, denn vermutlich wäre es das Beste für die SPD – wie übrigens auch für das gesamte Land –, wenn diese Koalition beendet würde. Es scheint ausgeschlossen, dass die jetzige Regierung die Stimmung drehen, wieder mehr Optimismus verbreiten und die Spaltung des Landes stoppen kann.
Was würde passieren, wenn die SPD in die Opposition wechselt? Drei Optionen sind denkbar.

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