Freytags-Frage

Wie sollen wir mit Donald Trump umgehen?

Die meisten Europäer reagieren mit Empörung und Spott auf den neuen US-Präsidenten Donald Trump. Das ist menschlich nachvollziehbar, politisch aber verheerend. Wie wir Trump wirklich entwaffnen können.

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Zeitenwende in Washington

Heute wird Donald Trump als 45. Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt werden. Damit wird jemand ins Weiße Haus einziehen, der sich bewusst als Anti-Politiker und genialer „Dealmaker“ inszeniert. Er scheint zu glauben, ein Land ließe sich wie ein Familienunternehmen führen.

Seine bisherigen Aussagen zur Gesellschafts- und Wirtschaftspolitik sind weder in sich schlüssig noch durch empirische Evidenz unterstützt. Wer die NATO für überflüssig erklärt, befriedet die russische Regierung sicher nicht, sondern stärkt deren Antrieb, die alte Sowjetunion wieder aufleben zu lassen. Wer öffentlich behauptet, dass die Europäische Union (EU) gegründet wurde, um den USA zu schaden, zeigt eine unglaubliche Unkenntnis amerikanischer Geschichte.

Wer chinesische Produkte mit einem 35-prozentigen Strafzoll versehen will, fördert eben gerade keine amerikanischen Arbeitsplätze (zumindest nicht in der mittleren Frist), sondern sorgt dafür, dass viele Produkte erheblich teurer werden und dass wegen chinesischer Retorsionsmaßnahmen amerikanische Exporteure erhebliche Umsatzeinbußen erleiden werden. Schon das relativ kleine Mexiko kann mit einem Maisimportverbot das Kernland des Präsidenten im mittleren Westen empfindlich treffen, sollte dieser seine Pläne gegenüber Mexiko in die Tat umsetzen. Wer glaubt, dass es an mangelnder Fairness liegt, dass die Deutschen so wenige Chevrolets fahren, versteht die Marktwirtschaft nicht.

Selten hat ein gewählter hochrangiger Politiker im Vorhinein weniger Verständnis für geostrategische und wirtschaftspolitische Fragen erkennen lassen. Präsident Trumps Tweets lesen sich wie ein Skript zum nächsten Monty Python-Film. Vermutlich wären selbst diese genialen Komiker nicht auf so viel Absurdes gekommen.

Dennoch darf dieses Auftreten die Kritiker nicht dazu verleiten, sich auf Spott, Empörung oder gar Zynismus zu beschränken. Natürlich macht es Spaß, Alec Baldwin auf Saturday Late Night zuzusehen, wie er Donald Trump parodiert, genau wie man über dessen Einlassungen zu Mexikanern wütend sein darf. Aber hilft das?

Sicher nicht! Mit jeder witzigen, empörten oder gar herablassenden Reaktion auf den Präsidenten werden dessen überzeugten Anhänger wütender und rücken dichter an ihn heran. Dass der Präsident selber mit Spott gut aus der Reserve gelockt werden kann und immer schrägere Bemerkungen von sich gibt, hilft dabei wenig.

Richtig scheint vielmehr eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Thesen Trumps zu sein. Insbesondere muss die Gefahr analysiert und öffentlich diskutiert werden, die von einer „Politik der Deals“ ausgehen kann. Politik ist ja gerade nicht das Aushandeln ständig neuer Geschäfte, sondern die Einigung auf Regeln, unter denen dann die besten Geschäfte im weitesten Sinne für alle möglich sind, und deren ständige Beobachtung und Anpassung an neue Rahmenbedingungen.

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