Führungswechsel in der CDU Eine Frau für die Basis, einen Mann als General

Friedrich Merz und sein Team: Mario Czaja (li.) und Christina Stumpp. Quelle: dpa

Friedrich Merz will Vielfalt im Team: Mario Czaja aus Ost-Berlin kommt vom Arbeitnehmerflügel, Christina Stumpp aus Baden-Württemberg ist Kommunalpolitikerin. Einen Rechtsruck schließt Merz aus.

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Erst vor wenigen Tagen ist Friedrich Merz auf sie zugekommen, um mit ihr über den Posten der Generalsekretärin der CDU zu reden. „Ich habe schon etwas Bedenkzeit gebraucht“, sagt Christina Stumpp. Schließlich ist die Kommunalpolitikerin aus Waiblingen gerade erst als Novizin in den Bundestag eingezogen. Den Job als Generalsekretärin hat sie dann, auch mit Rücksicht auf ihren erst einjährigen Sohn, wie sie sagt, doch nicht angenommen, aber Merz bot ihr einen Kompromiss an: Christina Stumpp soll in seinem neuen Team stellvertretende Generalsekretärin der CDU werden. In der Satzung ist der Job zwar nicht vorgesehen, aber Merz will die Delegierten beim Parteitag am 21. Januar 2022 um eine entsprechende Ergänzung der Statuten bitten. In der CSU gibt es dieses Konstrukt bereits und Merz kann Hilfe gut gebrauchen, wie er sagt: „Wir wissen, was auf uns zukommt, das wird eine schwierige Arbeit“, versichert er mit Blick auf die Neuaufstellung der CDU. „Da müssen wir die Aufgaben auf viele Köpfe verteilen“.

Jetzt steht die Frau mit den langen blonden Haaren und dem schwäbischen Akzent in Jeans und Lederjacke auf der Bühne eines Berliner Hotels, es ist ihr 34. Geburtstag und sie soll sich der lauernden Hauptstadtpresse vorstellen. Stumpp präsentiert sich als bodenständige Tochter einer Landwirtsfamilie, erzählt von ihrem Engagement in Vereinen und der Kommunal- und Landespolitik. „Ich habe die Politik von der Pike auf gelernt“, versichert sie, und deshalb ist für sie klar: „Wir müssen von unten nach oben wachsen“.  Damit ist auch ihre künftige Aufgabe umschrieben, wenn Merz neuer CDU-Chef wird. Stumpp soll als Botschafterin der Kommunalpolitik mithelfen, die Union von der Basis her zu erneuern. Und mit ihrer Herkunft wäre auch Baden-Württemberg in der neuen Parteispitze vertreten, ein wichtiger Aspekt im Regionalproporz der Christdemokraten.

Als neuen Generalsekretär will Merz den Ost-Berliner CDU-Politiker Mario Czaja vorschlagen. Der 46-jährige Betriebswirt ist in Berlin kein Unbekannter: Czaja war lange in der Landespolitik aktiv und arbeite als Gesundheitssenator. Was ihn als neuen Parteimanager qualifiziert? Merz antwortet sofort: Czaja habe trotz des schlechten Gesamtergebnisses der CDU bei der Bundestagswahl seinen Ost-Berliner Wahlkreis Marzahn-Hellersdorf direkt gewonnen und nach 30 Jahren der Linkspartei abgenommen. „Er kann kämpfen und er hat gezeigt dass er weiß wie man Wahlkämpfe führt“, sagt Merz.

Breites Meinungsspektrum

Dass es in dem neuen Trio durchaus unterschiedliche Auffassungen gibt, ist ausdrücklich gewollt. Stumpp ist gegen die Frauenquote, Czaja dafür, Merz ist Wirtschafts- und Finanzpolitiker, Czaja ist Mitglied des Arbeitnehmerflügels CDA. Gemeinsam haben sie sich vorgenommen, die soziale Frage wieder stärker in den Vordergrund zu stellen; beim Thema Alterssicherung und Kinderarmut habe die CDU zu große Lücken gelassen.

„Wir wollen die Partei so neu aufstellen, dass sie wieder glaubwürdig und mehrheitsfähig wird“, sagt Merz. „Einen Rechtsruck wird es mit mir nicht geben“.

Als große Themen nennt er neben dem Bereich soziale Gerechtigkeit den Klimawandel und Vereinbarkeit von Ökonomie und Ökologie, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und schließlich eine bessere Aufstellung der Bundeswehr.

Vor allem aber will und muss er als neuer CDU-Vorsitzender im kommenden Jahr gleich drei wichtige Landtagswahlen gewinnen, in denen drei CDU-Ministerpräsident um ihre Bestätigung kämpfen: am 27. März das Saarland, am 8. Mai Schleswig-Holstein und am 15. Mai Nordrhein-Westfalen, die Heimatbastion von Merz und nach allgemeinem Verständnis so etwas wie eine kleine Bundestagswahl.

Linnemann soll Vize werden

Als neuen Partei-Vize hofft Merz auf den Mittelstandspolitiker und Fraktionsvize Carsten Linnemann sowie auf Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer als „Stimme des Ostens“. Außerdem stehen CDU-Vize Sylvia Breher und die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien zur Wahl.

Sieht Merz sich mit seinen 66 Jahren als Übergangskandidat? Nein, versichert er, „wenn ich gesund bleibe kann ich mir vorstellen, auch in der nächsten Legislaturperiode wieder anzutreten“. Die Frage, ob er auch der nächste Kanzlerkandidat der Union werden wolle, weist er zurück. „Wir müssen doch erst einmal wieder in die Nähe der Möglichkeit kommen, diese Frage beantworten zu können“. Immerhin lässt dieser gewundene Satz alle Möglichkeiten offen.

Mehr zum Thema: Mit seiner offiziellen Nominierung ist jetzt auch Friedrich Merz in das Rennen um die Nachfolge von Armin Laschet eingetreten. Es ist bereits der dritte Anlauf zum CDU-Chef, aber bei Mitgliedern und Mittelständlern hat er beste Chancen. Kampf um CDU-Vorsitz: Prominente Manager und Unternehmer unterstützen die Wahl von Merz

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