Gabriel bei Tsipras in Griechenland Rot-Rot für Europa

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"Weckruf für Europa"

Die linke Gallionsfigur Tsipras kommt Gabriel da gerade recht. Die beiden haben kaum Platz genommen auf Tsipras' Bürosofa, da ist das Wirtschafsförderungs-Kleinklein schon weit weg. Der Brexit sei ein "Weckruf für Europa", meint der Grieche zu Gabriel. Man brauche dringend Wachstum statt "Austerität".

Der Vizekanzler meidet das A-Wort zwar geflissentlich, aber sonst ist er ganz auf einer Linie: "Wir müssen Europa zusammen bringen, der Kontinent ist gespalten", antwortet er. Die beiden sitzen nah beieinander, man ist sich einig.

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Premierminister David Cameron Quelle: dpa
Artikel 50 Quelle: dpa
Der ungeregelte Austritt Quelle: dpa
Das Modell „Norwegen“: Quelle: dpa
Das Modell „Schweiz“: Quelle: dpa
Das Modell „Kanada“: Quelle: dpa
Das „WTO“-Modell Quelle: REUTERS

Die Spaltung in Arm und Reich nähre den Populismus. Deutschland, sagt Gabriel wenig später, müsse endlich "aufhören, so zu tun, als seien wir die Lastesel Europas". Gegen die griechischen Reformen bei Renten und Steuern sei die Agenda 2010 "doch nur ein laues Lüftchen" gewesen. Vergessen, wie Gabriel selbst zu Hochzeiten der Eurokrise auf die Griechen schimpfte.

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Die Botschaft ist klar: Mehr Europa, das ist für Gabriel ein investierendes und definitiv kein sparendes Europa mehr - sonst greife die Depression, gerade unter den Armen, Arbeitslosen EU-Bürgern weiter um sich. Dass Gabriel sich damit absetzt von Merkelscher "Ruhe und Besonnenheit" und Wolfgang Schäubles fortdauernder Sparliebe - in seinen Augen umso besser. Es passt ohnehin zu dem Linksschwenk, den Gabriel in den vergangenen Wochen vollzogen hat.

Zuerst betonte der SPD-Chef auffallend häufig, die Sozialdemokraten müssten wieder Schutzmacht der kleinen Leute werden. Dann forderte er in einem Essay ein Bündnis aller "progressiven" Kräfte gegen den grassierende Rechtspopulismus in Europa, der überall auch als das gelesen wurde, was er war: eine Aufforderung an die deutsche Linke, ernsthaft koalitionsfähig zu werden.

von Gerd Höhler, Klaus Stratmann

Unmittelbar nach der britischen Brexit-Entscheidung hatte Gabriel mit EU-Parlamentspräsident Martin Schulz ein Reformpapier lanciert. Nun der dezidierte Schulterschluss mit Tspiras.

Am Abend hält Gabriel eine Rede vor der deutsch-griechischen Handelskammer. Er spricht von "einer besseren Zukunft als der Gegenwart", von Wachstum und europäischen Solidaritätsgeist. Die Vorspeise danach lässt der Vizekanzler sausen. Er hat noch einen weiteren Termin jenseits des offiziellen Programms. Er trifft sich noch einmal zum informellen Abendessen mit Tsipras: weiter an der besseren Zukunft arbeiten - seiner eigenen.

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