Gaddafi in Paris Sarkozy weiter in der Kritik

Wegen des Besuchs des libyschen Staatschefs Muammar Gaddafi steht der französische Präsident Nicolas Sarkozy weiter unter Beschuss. Nicht nur viele Franzosen nehmen dem französischen Präsidenten die Einladung des Diktators übel. Auch Gaddafi selbst attackiert seinen Gastgeber.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

HB PARIS. Wegen des Besuchs des libyschen Staatschefs Muammar Gaddafi steht der französische Präsident Nicolas Sarkozy weiter unter Beschuss. Der Pariser Bürgermeister und Sozialist Bertrand Delanoe warf Sarkozy am Mittwoch „Zynismus und eine verfehlte Außenpolitik“ vor und zeigte sich besorgt um die Werte der Republik. Auch der umstrittene Gast attackierte Sarkozy: „Bevor man über Menschenrechte spricht muss man sicherstellen, dass die Einwanderer bei Ihnen von diesen Werten profitieren“, sagte er am Dienstag. „Diskutieren bedeutet ja nicht, dass man den roten Teppich ausrollen muss“, sagte Delanoe dem Radiosender Europe 1. Dass Gaddafi fünf Tage bleibe und ihm höchste Privilegien zuteil würden, sei unschicklich, denn der libysche Staatschef bleibe sehr anfechtbar. „Wir dürfen nicht die französischen Terroropfer Gaddafis vergessen“, sagte Delanoe. Gaddafi ist seit Montag in Paris, und will mindestens bis zum Freitag bleiben. Mit der Einladung hatte Sarkozy auf die Freilassung der bulgarischen Krankenschwestern und des palästinensischen Arztes aus libyscher Haft reagiert. Am Mittwoch rechtfertigte er sich dafür erneut. „Frankreich hat die Krankenschwestern gerettet, weil wir mit Gaddafi geredet haben.“ Er habe dem libyschen Staatschef zugesichert, ihn auf dem Weg der Achtbarkeit zu begleiten, „weil er die Dämonen der Vergangenheit aufgegeben hat“, sagte er dem Magazin „Nouvel Observateur“. Doch die Vergangenheit holte Gaddafi auf seinem Besuch ein: Der Arzt, der mit den Krankenschwestern in Libyen festgehalten worden war, reichte am Mittwoch bei der Pariser Staatsanwaltschaft Klage gegen Gaddafi und fünf libysche Polizisten wegen Folter ein, wie sein Anwalt bekannt gab. Der libysche Revolutionsführer, der gleich neben dem Élysée-Palast in einem Gästehaus der Regierung untergebracht ist, ließ sich am Mittwoch erneut in einer weißen Limousine vorfahren. Bei diesem dritten Treffen mit Sarkozy sei es unter anderem um die Vereinbarungen gegangen, die am Montag unterzeichnet worden waren, hieß es im Élysée. Das Thema Menschenrechte sei nicht zur Sprache gekommen. Nach Angaben der französischen Regierung haben die mit Gaddafi verabredeten Abkommen einen Wert von zehn Milliarden Euro. Französische Medien zweifeln diese Zahl an. Das Enthüllungsblatt „Le Canard enchaîné“ schreibt, dass allenfalls drei Milliarden gesichert seien. Unter anderem will Frankreich Libyen bei der Produktion von Atomstrom helfen, einen oder mehrere Atomreaktoren sowie Airbusse, Kampfflugzeuge und weitere Militärausrüstung liefern

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%