Wo ist das Problem, wenn Konzerne vom Markt verschwinden, deren Geschäftsmodell nicht zur Energiewende passt?
Erstens brauchen wir auch fossile Energien für einen funktionierenden Mix. Aber denken Sie auch an die Kommunen, die hängen über ihre Stadtwerke, Firmenbeteiligungen und RWE-Anteile mit drin. Wenn ich darüber mit Kämmerern spreche, da schlägt mir die nackte Not entgegen.
Das klingt bedrohlich. Auf was müssen sich die Städte gefasst machen?
Die werden eine Sparorgie hinlegen müssen, die ihresgleichen sucht. Wenn dort richtig die Verluste von den Kraftwerken reinregnen und die Städte Wertberichtigungen vornehmen müssen, dann wird das eine Katastrophe. Da schließt dann auch noch das letzte Hallenbad, weil die Kraftwerke so hohe Verluste produzieren.
Welche Städte trifft das denn?
Auf jeden Fall das gesamte Ruhrgebiet. Die meisten Städte dort sind sogar doppelt betroffen, weil sie nicht nur bei der Steag Anteilseigner sind, sondern auch bei RWE.
Damit nicht genug: Im Ruhrgebiet häufen sich gerade die Meldungen über Werksschließungen und Stellenabbau. Ist der Strukturwandel endgültig gescheitert?
Wir beobachten das mit Sorge. Das sind aber mit Ausnahme von Opel keine Werksschließungen. Entscheidend ist, dass man sich mehr um die Alternativen kümmert.
Im Kuratorium der Krupp-Stiftung hat das Land Einfluss. Auch die RAG-Stiftung wäre ein Vehikel, um die NRW-Industrie zu retten. Drücken Sie sich um die Verantwortung?
Der Fehler war doch, auf die Großen zu setzen. Aber all die lebensverlängernden oder gar wiederbelebenden Maßnahmen haben nur Geld gekostet. Ein Beispiel: Die Überkapazitäten auf dem europäischen Automobilmarkt sind für jeden offensichtlich. Wenn daraus das Aus für Opel in Bochum folgt, sollte man nicht jammern, sondern schauen, dass man auf den Flächen schnell etwas anderes machen kann.
Gibt es denn Interessenten?
Allerdings, die rennen uns gerade die Bude ein. Es ist eine hohe zweistellige Zahl von Investoren, die Interesse zeigen.
Wie passt diese Strategie damit zusammen, dass Sie gerade einer verheißungsvollen Industriefläche im Ruhrgebiet, dem NewPark, die Bürgschaft verweigern?
Das Geschäftsmodell hat einer kritischen Überprüfung nicht standgehalten. Die Hoffnung auf einen einzelnen Großinvestor hat sich in Deutschland seit zehn Jahren nicht mehr realisiert. Die Zukunft gehört den mittelständischen Betrieben, gerade auch im nördlichen Ruhrgebiet.
Liegt der Fehler bei den Politikern im Ruhrgebiet? Die kümmern sich aus alter Verbundenheit nur um die Großkonzerne.
Das war ja auch jahrzehntelang sehr komfortabel. Wenn Sie früher mit einem Betriebsrat gesprochen hatten, dann hatten sie schon mal 10 000 Leute erreicht. Das hat den schleichenden Niedergang aber nicht verhindert. Deshalb muss man jetzt die Struktur verändern.