Gastbeitrag zur Hilfe für Algerien „Wir müssen diese Partnerschaft wiederbeleben“

Viele Flüchtlinge in Deutschland stammen aus Algerien. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, die Wirtschaft schwächelt – die Bundesregierung will helfen. Eine algerische Journalistin beschreibt, wie das funktionieren könnte.

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Ziel ist es, dass sich die Menschen gar nicht erst auf dem Weg nach Deutschland machen. Quelle: dpa

Berlin Sie stellen zwar bei weitem nicht die größte Gruppe an Flüchtlingen, doch auch viele Algerier machen sich auf den Weg nach Deutschland. Einer der Gründe dafür ist die schlechte wirtschaftliche Situation in ihrem Land. Die Arbeitslosenquote beträgt mehr als elf Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit liegt sogar bei 30 Prozent. Wegen der zeitweise stark gefallenen Ölpreise hat die algerische Wirtschaft, die sehr abhängig ist von dem Rohstoff, stark gelitten.

Deutschland hat versprochen, dem Land zu helfen. Man wolle zur wirtschaftlichen Entwicklung von Algerien beitragen durch Projekte im Bereich der Berufsbildung und der Jugendarbeit, sagte Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) bei seinem Treffen mit dem algerischen Innenminister Noureddine Bedoui am 14. November.

Im Frühjahr 2016 hatte Müller bei einer Reise nach Algerien ein neues Institut für berufliche Bildung im Bereich Erneuerbarer Energien an der Pan African University in Tlemcen eröffnet. „Mit Bildung und Ausbildung schaffen wir Perspektiven für talentierte Nachwuchskräfte und stärken Afrika als Zukunftskontinent. Damit stoppen wir den Trend, dass immer mehr gut ausgebildete junge Afrikaner ihren Heimatkontinent verlassen, weil sie bei sich zu Hause keine Zukunft sehen“, so Müllers Kalkül.

Algerische Wissenschaftler sehen in einer stärkeren Kooperation der Länder großes Potenzial. 13 Prozent aller Importe Algeriens kommen derzeit aus Deutschland, die Bunderepublik ist damit der fünftgrößte Zulieferer für Algerien. 2015 importierte Algerien Waren im Wert von 3,4 Milliarden US-Dollar aus Deutschland, zwischen Januar und November des Jahres 2016 waren es Waren im Wert von 2,6 Milliarden US-Dollar.

Mohamed Achir von der Universität in Tizi-Ouzou, 100 Kilometer entfernt von Algeriens Hauptstadt Algier, glaubt, dass die Zusammenarbeit zwischen den Staaten weiter ausgebaut werden sollte. Dieser Meinung ist auch Abdelhak Lamiri, Chef des International Institute of Management (Insim) in Algerien. Lamiri meint, dass es jetzt an dem nordafrikanischen Land ist, diese Chance zu nutzen und seine Bedürfnisse zu identifizieren. Unternehmensgründung sei so ein Bereich, wo Algerien von Deutschland lernen könnte. „Algerien muss viele neue Unternehmen gründen und die Deutschen sind führend auf diesem Gebiet“, erklärt er. Lamiri zielt auch auf die zahlreichen Hilfeleistungen ab, von denen potenzielle Gründer in Deutschland profitieren: Beratungsangebote, aber auch finanzielle Unterstützung. Des Weiteren glaubt er, dass Deutschland Algerien dabei helfen könnte, seine Verwaltungen zu verbessern und zu modernisieren.

Auch im Bereich der Erneuerbaren Energien sehen Experten die Möglichkeit der Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Algerien. 2015 hatten Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und sein algerischer Amtskollege Youcef Yousfi eine Energie-Partnerschaft vereinbart.

Mourad Goumiri, ehemaliger Wirtschaftsprofessor an der University of Algiers erinnert an die gemeinsame Geschichte der beiden Länder. Bereits in den 1970er- und 1980er-Jahren war Deutschland in Algerien sehr engagiert bei der Entwicklung des Landes, zum Beispiel in den Bereichen Maschinenbau und Chemie. Viele der Industrieanlagen in Algerien stammen aus Deutschland. „Wir müssen diese Partnerschaft wiederbeleben“, wünscht sich Goumiri.

Sofia Ouahib arbeitet für die Wochenendausgabe der algerischen Tageszeitung „El Watan“. Der Text entstand während eines Aufenthalts als Gastjournalistin im Rahmen der Internationalen Journalistenprogramme (IJP) im Berliner Büro des Handelsblatts. Übersetzung aus dem Englischen: Dana Heide.

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