Gastkommentar Es geht nicht um Neid, sondern um Fairness

Die Deckelung der Managergehälter ist keine Gefahr für den Wirtschaftsstandort. Sie ist ein Beitrag zu mehr Gerechtigkeit, meint Kerstin Andreae, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen. Ein Gastbeitrag.

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Was dürfen Manager verdienen? Kerstin Andreae reagiert in ihrem Gastbeitrag auf die Kritik von Unionspolitiker Michael Fuchs. Quelle: dpa

Unionspolitiker Michael Fuchs äußerte sich gerade in einem Gastbeitrag des Handelsblattes kritisch, weil wir Grünen, SPD und sogar Teile seiner eigenen Partei die steuerliche Abzugsfähigkeit von überzogenen Mangergehältern und Abfindungen deckeln wollen. Er sieht bereits den Wirtschaftsstandort Deutschland gefährdet.

Ist es aber nicht eher so, dass ein Vergütungssystem, das auf kurzfristigen Profit statt auf nachhaltige Wertsteigerung der Unternehmen setzt, eine Gefahr für die Stabilität unserer Wirtschaft darstellt? Selbst Bundeskanzlerin Merkel hat erkannt, dass hier rote Linien überschritten wurden.

Natürlich dürfen Managerinnen und Manager gutes Geld verdienen. Wenn sie es verdient haben. Es sollte aber im Verhältnis dazu stehen, was sonst im Unternehmen bezahlt wird. Einige Unternehmen zahlen ihren Vorstandsmitgliedern das 100fache des durchschnittlichen Lohns eines Facharbeiters. Hier gerät etwas aus den Fugen und hat zurecht eine breite gesellschaftliche Debatte um die Angemessenheit von Vorstands- und Ruhegehältern ausgelöst.

Michael Fuchs spricht nur darüber, dass unsere Spitzenmanager Leistungen erbringen und entsprechend entlohnt werden. Auch der Facharbeiter bei VW erbringt seine Leistung für das Unternehmen. Manchmal sogar eine bessere, nachhaltigere Leistung als sein Vorstand, dem im Zweifelsfall der kurzfristige Gewinn wichtiger ist, als die langfristige Ausrichtung der Firma. Das haben die Skandale der letzten Jahre um VW, Deutsche Bank und andere gezeigt. Das schnelle Geld ist wichtiger und wenn am Ende das Unternehmen Schaden nimmt, bekommt der Manager eine dicke Abfindung, der Angestellte seine Kündigung. Reden wir also mal über die Verantwortung der Manager.

Ein VW-Vorstand, der wegen des Abgasskandals zurückgetreten ist, bezieht jetzt über 3000 Euro Betriebsrente. Am Tag! Während der einfache Facharbeiter nicht weiß, ob er am Ende des Jahres seinen Job noch hat. Wenn Michael Fuchs dann davon redet, dass Deutschland dieses System weiter stützen muss, um in der „Champions League“ mitzuspielen, dann nenne ich das zynisch. Nein, es geht nicht um Neid, es geht um Fairness und darum welche Grundwerte eine Führungskraft vertreten soll. Was nach den Buchstaben des Gesetzes her legal ist, ist noch lange nicht legitim.

Ich kenne keinen mittelständischen Unternehmer, der seine Firma so verantwortungslos und kurzsichtig führt, wie wir es zuletzt bei einigen DAX-Vorständen erleben mussten. Weil sie Verantwortung zeigen, für das Unternehmen das sie selbst oder ihre Eltern aufgebaut haben. Sie stehen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nahe, kennen deren privates Umfeld.

Das Ganze ist aber nicht nur unfair gegenüber den Beschäftigten, sondern auch gegenüber allen Steuerzahlern. Gehälter, Boni und Abfindungen können die Unternehmen von der Steuer abziehen. Der Staat und damit seine Bürgerinnen und Bürger finanzieren diese Ungerechtigkeit auch noch mit. Geld, das der öffentlichen Hand fehlt für Kitas und Schulen, bezahlbaren Wohnraum oder einer modernen Verkehrsinfrastruktur. Das ist aber entscheidend für unsere Zukunftsfähigkeit und nicht die Sorge um das Führungspersonal der Großkonzerne. Deshalb ist die Deckelung der Managergehälter keine Gefahr für den Wirtschaftsstandort Deutschland sondern ein Beitrag für mehr Gerechtigkeit und Zusammenhalt.

Kerstin Andreae, stellvertretende Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag

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