Gasumlage 2022 gestoppt Zusatzabgabe kommt doch nicht: Alles Wichtige zum Ende der Gasumlage

Die EU-Länder sollen in den kommenden Monaten alles dafür tun, ihren Verbrauch um 15 Prozent im Vergleich zum Schnitt der vergangenen fünf Jahre zu verringern. Quelle: dpa

Der Abschied vom russischen Gas sollte für die Deutschen ab dem Herbst teurer werden, nun ist die geplante Gasumlage vom Tisch. Ein Überblick über die neuen Beschlüsse.

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Aus der Debatte um die Gasumlage ist eine Chronologie des Scheiterns geworden. Mittlerweile steht nicht nur fest, dass der Bund den Gaskonzern Uniper übernimmt. Auch die geplante Gasumlage wird nicht in Kraft treten: Nachdem die Kritik an der Gasumlage auch innerhalb der Ampel-Koalition immer lauter geworden ist, haben sich die Regierungsparteien darauf geeinigt, von dem Vorhaben Abstand zu nehmen. Inzwischen ist das auch durch das Bundeskabinett bestätigt.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat bis zuletzt daran festgehalten, die Gasumlage ab dem 1. Oktober zu erheben. Doch wirtschaftliche und rechtliche Zweifel, unter anderem durch Finanzminister Christian Lindner (FDP), haben den Sinn der Umlage in Frage gestellt. Nun gibt es neue Beschlüsse rund um die Gasversorgung und die steigenden Energiekosten.

Lesen Sie hier alle Fragen und Antworten zur Gasumlage und zu den Entscheidungen der Bundesregierung.

Was ist die Gasumlage?

Die Gasumlage war eine geplante Zusatzabgabe, die die Bundesregierung Ende Juli 2022 verkündet hat. Im Zuge des Angriffskrieges auf die Ukraine steigt Deutschland schrittweise aus der Energieversorgung mit Gas aus Russland aus. Zudem hat der russische Energiekonzern Gazprom in den zurückliegenden Monaten mehrfach die Gaslieferungen an Deutschland gedrosselt. Die Energieversorger müssen oftmals andernorts Gas beziehen, was mitunter zu erheblichen Mehrkosten und Planungsunsicherheiten führt. Uniper als größter Gasversorger des Landes ist dadurch bereits in eine existenzbedrohliche Situation geraten und konnte sich eigenständig nicht mehr aus der finanziellen Misere retten.

Die Gasumlage sollte als Instrument wirken, um diese bedrohliche Entwicklung abzufedern. Was dadurch an Mitteln zusammenkommt, sollte den notleidenden Versorgern helfen. Knapp 90 Prozent der vorgesehenen Einnahmen von 34 Milliarden Euro sollte Uniper erhalten.

Als bekannt wurde, dass der Staat Uniper übernimmt, schien die Gasumlage nicht mehr nötig, zumindest nicht um Uniper zu stützen. Dass sie dennoch erhoben werden sollte, rief juristische Zweifel hervor.

Für welches Datum war die Einführung geplant?

Die Gasumlage sollte ab dem 1. Oktober 2022 eingeführt werden. Weil aber juristische und verwalterische Einzelheiten geklärt werden müssen, wurden die ersten vorgesehenen Abschlagszahlungen zur Umlage mehrfach in spätere Monate verschoben. Zuletzt hatte Wirtschaftsminister Habeck eine finanzverfassungsrechtliche Prüfung angekündigt. Sie sollte klären, ob die Einführung der Gasumlage auch nach der Verstaatlichung von Uniper rechtmäßig sein könnte. Damit hätten sich jedoch die ersten Abschläge automatisch um drei Monate verzögert. Angedacht war, die Umlage dann für anderthalb Jahre und damit bis voraussichtlich März 2024 zu erheben.

Wie hoch sollte die Gasumlage sein?

Seit dem 15. August 2022 war bekannt, dass die Gasumlage für die deutschen Haushalte bei 2,419 Cent pro verbrauchter Kilowattstunde Gas liegen sollte. Auf den vertraglich vereinbarten Preis je Einheit wären dann 2,419 Cent zusätzlich gezahlt worden.

Welches Ziel beziehungsweise welchen Hintergrund hatte die Einführung der Gasumlage?

Beabsichtigt wurde die Stabilisierung der Gasversorger und der Infrastruktur des deutschen Energiesektors. Um die wirtschaftliche Existenz der Gasversorger zu retten, hat die Bundesregierung beschlossen, dass die Versorger die Zusatzkosten, die sie gezwungenermaßen für die Beschaffung von Gas tragen müssen, an die Verbraucher weiterreichen dürfen. Die Gasumlage sollte die Weitergabe der Kosten von staatlicher Seite regulieren.

Wirtschaftsminister Habeck hatte die Umlage bei Bekanntgabe im ARD-Fernsehen als „keinen guten, aber notwendigen Schritt“ bezeichnet, um Pleiten zu verhindern. Gemeint war damals vor allem Deutschlands größter Gasversorger Uniper. Nun, da die Verstaatlichung Unipers feststeht, sagte Kanzler Olaf Scholz (SPD) zur Gasumlage: „Sie wird nicht mehr gebraucht.“

Der eigentliche Hintergrund: Deutschland hatte sich in den vergangenen Legislaturperioden in eine Abhängigkeit von russischem Gas begeben, die sich im Zuge von Wladimir Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine rückwirkend als fatal herausstellte. Lange kam ein Großteil des in Deutschland genutzten Gasvorrats durch Pipelines, etwa Nord Stream 1. Im Jahr 2021 waren es 55 Prozent der Gasimporte, die aus Russland kamen. Damit war das Land Deutschlands größter Gaslieferant. Technologien für alternative Gasspeicherung, beispielsweise LNG, fehlen hier bislang.

Wie sollte die Gasumlage funktionieren?

Die Erhebung der Gasumlage sollte nach letztem Stand folgendermaßen funktionieren: Mithilfe der Umlage sollten die Versorger dann einen Ausgleich für die Einfuhr-Mehrkosten (max. 90 Prozent) in festgelegter Höhe, jedoch abhängig vom individuellen Verbrauch eines Haushalts, geltend machen. Das sollte sich dann bei den Verbrauchern in den Kosten pro Kilowattstunde Gas niederschlagen. Abhängig davon, wie hoch die Zusatzkosten (vorgesehen waren 2,419 Cent je kW/h) sind, die die Versorger geltend machen, wäre die Gasrechnung bei den Verbrauchern gestiegen.

Was hätte die Gasumlage für Verbraucher bedeutet?

Letztendlich wäre mit der Erhebung der Umlage der individuelle Grundpreis für die Versorgung mit Gas noch höher geworden. Den Preis für die Unterstützung der Gasumlage hätten die Bürger dann selbst bezahlt. Die Kosten für die Versorgung mit Gas haben sich aber innerhalb des letzten Jahres bereits vervielfacht. In Teilen werden sogar Verzehnfachungen der Abschläge gemeldet. Ebenso sind die Stromkosten (sie stehen durch die Verstromung von Gas in direktem Zusammenhang) erheblich gestiegen.

Auch deshalb hat sich die Regierung nun dazu durchgerungen, die Laufzeiten von zwei Atomkraftwerken noch einmal zu verlängern. Zudem gibt es für Verbraucher neue Entlastungen der Regierung. Zum Beispiel bei Steuern oder Kindergeld.

von Karin Finkenzeller, Max Haerder, Henryk Hielscher, Stephan Knieps, Christian Ramthun, Jürgen Salz, Christian Schlesiger, Jan Schulte, Aleksandra Fedorska

Welche Argumente sprachen gegen die Gasumlage?

Die Entwürfe zur Einführung der Gasumlage hatten zunächst alle Gasversorger miteinbezogen. Die Einnahme aus der Umlage sollten zwar maßgeblich Uniper helfen, allerdings durften auch andere Gasversorger davon profitieren.

In den Wochen nach der Verkündung der Umlage zeigte sich aber, dass die Gaskrise nicht alle Energiekonzerne ähnlich hart trifft wie Uniper. Auch solvente Energieversorger mit hohen Quartalsgewinnen wollten von den Umlagegebühren profitieren. Für diese wäre die Gasumlage eine weitere Gewinnmaximierung gewesen. Auf Kosten der Gaskunden.

Etwaige Ansprüche meldete unter anderem der Energiekonzern OMV, der im ersten Halbjahr 2022 einen Milliardengewinn verzeichnete. Die Minister der Ampel-Regierung brachte das in Erklärungsnot. Der eigentliche Zweck der Gasumlage, existenzgefährdete Energiekonzerne zu retten, um die Versorgungssicherheit des Landes zu sichern, so die Kritik, würde damit verfehlt. Auch der nordrhein-westfälische Versorger RWE legte offen, im zweiten Quartal 2022 deutliche Gewinne erwirtschaftet zu haben. 

RWE gab in der Folge bekannt, auf die Gasumlage wohl verzichten zu wollen. Die Frage nach der Notwendigkeit der Gasumlage für diese Konzerne aber blieb. Die Gasumlage stellte all das in ein neues Licht.

Die CDU kündigte vor dem Hintergrund bereits vor Wochen an, die Grundlagen der Umlage prüfen und das Verfahren gegebenenfalls aus der Opposition heraus zu kippen. Nun setzt die Koalition dem Vorhaben selbst ein Ende. Zuvor hatte sie noch geplant, die Verordnung und damit das Vorhaben Gasumlage zuletzt noch einmal zu korrigieren.

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