Gebäude-Energie-Gesetz Warten auf Effizienz

Das Gebäudeenergiegesetz gerät zum Zankapfel der Großen Koalition. Das Bundeskabinett sollte das Gesetz schon längst beschlossen haben. Doch jetzt ist ungewiss, ob es noch rechtzeitig zu einer Einigung kommt.

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Neubauten sollen immer besser wärmeisoliert sein. Quelle: dpa - picture-alliance

Berlin Die Fraktionen von Union und SPD streiten über das Gebäudeenergiegesetz (GEG). Am Montagabend sollten eigentlich die Unstimmigkeiten behoben werden. Doch ein Treffen der zuständigen stellvertretenden Fraktionschefs mit Vertretern der fachlich zuständigen Bundesministerien und des Bundeskanzleramtes brachte nicht den erhofften Durchbruch. SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil warf dem Koalitionspartner am Dienstag Blockade vor. Die Union sieht das allerdings ganz anders.

Mit dem GEG, dessen Entwurf seit Anfang des Jahres vorliegt, werden die Energieeinsparverordnung (EnEV) und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) zu einem Gesetz zusammengefasst und zugleich inhaltlich fortgeschrieben. Dem GEG-Entwurf zufolge müssen Bund, Länder und Gemeinden künftig in die Energieeffizienz ihrer Gebäude investieren.

Das GEG bezieht sich zunächst nur auf Nichtwohngebäude der öffentlichen Hand, also etwa auf Rathäuser, Schulen oder Ministerien. Es soll ab 2019 gelten. Ursprünglich war geplant, auch private Wohn- und Nichtwohngebäude in die Regelung einzubeziehen. Doch nach Protesten aus der Wohnungswirtschaft wurde dieser Plan zurückgestellt. In der Vorbemerkung zum Entwurf heißt es nun, die Bestimmungen für private Gebäude müssten „in einer zweiten Stufe rechtzeitig vor 2021“ festgelegt werden. Damit wären die Umsetzungsfristen der einschlägigen EU-Richtlinie noch eingehalten.

Gebäude spielen eine Schlüsselrolle im Klimaschutz. Sie stehen für 30 Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland. Ziel der Bundesregierung ist ein „nahezu klimaneutraler Gebäudebestand bis 2050“. Um dieses Ziel zu erreichen, sind enorme Anstrengungen erforderlich.

Der GEG-Entwurf sieht vor, dass Neubauten der öffentlichen Hand ab 2019 nur noch 55 Prozent des Energieverbrauchs eines Referenzhauses nach Energieeinsparverordnung (KfW-55-Standard) aufweisen dürfen. Nach Angaben der federführenden Ministerien bewirken die höheren Standards im Neubausektor eine Kostensteigerung „um durchschnittlich etwa 2,5 Prozent“. Fachleute halten den Wert für niedrig gegriffen.

Ausnahmen gelten für die kommunale Ebene: Wenn die Erfüllung der höheren Effizienzstandards nicht wirtschaftlich wäre oder die Kommunen überfordern würde, entfällt die Pflicht dazu.


Was heißt schon "wirtschaftlich"?

An dieser Stelle scheiden sich bei Union und SPD die Geister. Denn die Frage, was wirtschaftlich ist und was nicht, wird von beiden Seiten unterschiedlich beantwortet. Aus Sicht der SPD sollen auch solche Vorhaben noch als wirtschaftlich gelten, die sich erst innerhalb einer Frist von 30 Jahren amortisieren. Nach Überzeugung der Union sind aber 20 Jahre die Obergrenze des Zumutbaren.

Die Union beruft sich dabei auf ein Gutachten des Ingenieurbüros Hauser für das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) aus dem vergangenen Jahr. Die Gutachter haben die Amortisationszeiten energetischer Sanierungen von Nicht-Wohngebäuden nach verschiedenen Fallgruppen (beispielsweise Büros, Schulen, Verbrauchermärkte) untersucht und kommen zu dem Ergebnis, dass sich die Umsetzung des KfW-55-Standards innerhalb von zwanzig Jahren nur in zwei von 24 untersuchten Kategorien amortisiert. Selbst bei einer Amortisationszeit von 30 Jahren sind die Sanierungen nur in acht von 24 Fällen wirtschaftlich.    

„Der Gesetzentwurf ist eine Mogelpackung", sagte Unionsfraktionsvize Michael Fuchs (CDU) dem Handelsblatt: "Hier wird die Wirtschaftlichkeit eines Standards behauptet, obwohl die regierungsamtlichen Gutachter das Gegenteil sagen.“ Außerdem wäre mit der strengen Festlegung „ein gefährliches Präjudiz für das private Bauen“ in der Welt, kritisiert Fuchs.

Fuchs kritisierte auch die Ausnahmen, die für die kommunale Ebene gelten sollen: Es sei „nicht ehrlich, einen hohen Standard vorzugeben, und der öffentlichen Hand gleichzeitig quasi nach Belieben Befreiungsmöglichkeiten einzuräumen. Die Ausnahmen, die Kommunen hier bekommen, werden private Bauherren später sicher nicht haben“.

Aus Sicht von Fuchs weist der GEG-Entwurf auch an anderer Stelle Schwächen auf, indem er einen zu engen Rahmen setze: „Die Anforderungen des Ministeriums machen bestimmte Technologien in Zukunft de facto unmöglich. Für uns ist Technologie-Offenheit ganz wichtig", sagte der stellvertretende Vorsitzender der Unionsfraktion.

Die Kritik dürfte die Biogas-Branche hellhörig machen. Sie moniert, der Gesetzentwurf schließe aus, Biogas beispielsweise in Gasbrennwertthermen einzusetzen, um damit die Quote für den Einsatz erneuerbarer Energien im Wärmesektor zu erfüllen. Tatsächlich beschränkt der Gesetzentwurf den Einsatz von Biogas auf Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK).

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