Gefährder-Abschiebungen Bremens Innensenator fordert Zentralisierung

Islamistische Gefährder, denen man Terroranschläge zutraut, sollen schnell aus Deutschland abgeschoben werden. In der Praxis sieht das meist anders aus. Bremen fordert deshalb eine Zentralisierung der Abschiebeverfahren.

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„Wie es derzeit läuft, ist weder sinnvoll noch effektiv.“ Quelle: dpa

Bremen Die Abschiebung islamistischer Gefährder wird in Deutschland nach Ansicht von Bremens Innensenator Ulrich Mäurer nicht effektiv genug gehandhabt. Der Bund müsse die Abschiebungen übernehmen, forderte der SPD-Politiker. „Wie es derzeit läuft, ist weder sinnvoll noch effektiv.“ Mäurer will eine entsprechende Initiative auf Ebene seiner Länderkollegen einbringen.

Sogenannten Gefährdern trauen die Sicherheitsbehörden einen Terrorakt zu. Zuletzt waren knapp 700 Menschen entsprechend eingestuft. Von ihnen hält sich allerdings ein Teil im Ausland auf.

Nach Mäurers Vorstellungen sollten das Auswärtige Amt und das Bundesinnenministerium Gefährder-Abschiebeverfahren übernehmen, sobald das Bundesverwaltungsgericht eine Abschiebung als rechtmäßig angeordnet hat. Zudem schlug Mäurer vor, dass im Grundsatz nur noch ein Gericht für diese Fälle zuständig sein solle. Zudem müssten alle Gefährder in einem zentralen Abschiebegefängnis untergebracht werden.

Hintergrund der Forderungen sind Erfahrungen Bremens mit zwei Abschiebeverfahren, die sich seit Monaten in die Länge ziehen. Es geht dabei um zwei seit Mitte März in Abschiebehaft sitzende islamistische Gefährder, einen Algerier (36) und einen Russen (18).

In beiden Fällen seien inzwischen 25 Mal Gerichte befasst gewesen, sagte Mäurer - unter anderem das Bundesverwaltungsgericht, das Bundesverfassungsgericht, das Verwaltungsgericht Bremen und das Europäische Menschenrechtsgericht. Das Amtsgericht muss über die jeweilige Verlängerung der Abschiebehaft entscheiden, in Bremen steht das alle vier Wochen an. Es bestehe permanent das Risiko, dass das Amtsgericht die Gefährder frei lassen müsse, etwa wegen Verzögerungen bei Verhandlungen des Auswärtigen Amtes mit Rückführungsländern wie Algerien.

„Es gibt eine Zersplitterung von Zuständigkeiten und eine Vielfalt von Gerichtsbarkeiten. Wir müssen dies in einem Gericht, etwa dem Bundesverwaltungsgericht, konzentrieren. Wer über die Rechtmäßigkeit einer Abschiebungsanordnung entscheidet, kann dies auch in der Haftfrage tun“, argumentierte der Jurist Mäurer. Die derzeitige Regelung sei teils „praxisfern“. „Ich glaube, die Bevölkerung hätte wenig Verständnis dafür, wenn wir so gefährliche Personen laufen ließen, nur weil wir in Verfahren ersticken und nicht in der Lage sind, am Ende diese Abschiebeverfahren zum Abschluss zu bringen.“

Im Fall des in Bremer Abschiebehaft sitzenden Algeriers forderten Bundesverwaltungs- und Bundesverfassungsgericht, dass die algerischen Behörden vor der Abschiebung verbindlich zusichern, dass dem Mann in seiner Heimat keine Folter droht.

Das könne Bremen nicht beeinflussen, da diplomatische Kanäle gefragt seien, über die ein Bundesland wie Bremen gar nicht verfüge, gab Mäurer zu bedenken. Für ihn ist das ein wichtiger Grund, Abschiebungen in die Hand des Bundes zu legen. Die Länder wären aus Sicht Mäurers weiter zuständig für die Einstufung der Verdächtigen als Gefährder und den Erlass der Abschiebungsanordnung.

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