Gegen Gesetzesvorschlag Dobrindts Beirat warnt vor privaten Beteiligungen an Autobahnen

Der wissenschaftliche Beirat des Bundesverkehrsministeriums sieht keinen Sinn darin, privates Kapital für Autobahn-Investitionen einzuwerben. Er fürchtet eine teure Privatisierung durch die Hintertür.

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Der Bund ist auf privates Geld für die Autobahnen nicht angewiesen, meint der Wissenschaftliche Beirat des Verkehrsministeriums. Quelle: dpa

Gegen wichtige Teile des umstrittenen Plans der Bundesregierung, eine Bundesautobahngesellschaft zu errichten, hat sich am Dienstag ausgerechnet der Wissenschaftliche Beirat von Verkehrsminister Alexander Dobrindt ausgesprochen. In einer Stellungnahme, die in der Fachzeitschrift „Wirtschaftsdienst“ veröffentlicht wurde, loben die Ökonomen, Verkehrswissenschaftler und Juristen zwar die Errichtung einer Gesellschaft in Bundesverantwortung als effizienzsteigernd. Doch sie sprechen sich entschieden gegen die Einbeziehung privaten Kapitals aus – im Gegensatz zu der vom damaligen Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel eingesetzten „Fratzscher-Kommission“ aus Wissenschaftlern und Vertretern der Finanzbranche, die wesentliche Vorarbeiten für die Planungen geleistet hatte.

„Es besteht kein objektiver Bedarf an ergänzender privater Finanzierung der Infrastrukturgesellschaft über Eigenkapital bzw. Eigenkapitalsurrogate, da hierdurch lediglich höhere Renditeerwartungen privater Anleger zu befriedigen sind“, schreiben die Wissenschaftler. Sie befürchten bei einer Kapitalbeteiligung Privater Konflikte zwischen deren Rendite-Interessen und dem öffentlichen Auftrag der Infrastrukturgesellschaft. „Die grundsätzlich positiv zu bewertende Idee einer Infrastrukturgesellschaft sollte auch nicht dadurch diskreditiert werden, dass der Eindruck entsteht, die Höhe der Nutzergebühren sei von den Renditeerwartungen privater Investoren bestimmt“, mahnt der Beirat.

Ausgesprochen kritisch stehen Dobrindts Experten auch der Möglichkeit gegenüber, im Rahmen von Öffentlich-Privaten-Partnerschaften (ÖPP) projektbezogen Private am Ausbau und Erhalt des Verkehrsnetzes zu beteiligen. Sinn und Zweck wäre ihrer Meinung nach nur die Anziehung eigentlich nicht benötigten aber teuren privaten Kapitals. Der Beirat verweist auf schlechte Erfahrungen in Frankreich mit Autobahnkonzessionsgesellschaften „wo erhebliche Fehlentwicklungen zu beobachten sind, insbesondere überhöhte Gebühren und Gewinne der Autobahngesellschaften.“ Nach den diskutierten gesetzlichen Regelungen seien derartige teure ÖPP-Vorhaben rechtlich umsetzbar, schreibt der Beirat und warnt: „Es erscheint durchaus möglich, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt auch politisch realisiert werden“. Um das zu verhindern, fordert er ein Verbot, Teile des Netzes mit ÖPP-Lösungen zu verwalten.

Im Gesetzentwurf der Regierung ist geplant, die Infrastrukturgesellschaft privatrechtlich in der Rechtsform einer GmbH zu organisieren. Der Beirat hält das für sinnvoll, fürchtet aber, dass es später zu einer Umfirmierung in eine Aktiengesellschaft kommen könnte. Der Gesetzentwurf sieht nach drei Jahren eine Rechtsformprüfung vor. „Die Aktiengesellschaft stellt keine wünschenswerte Rechtsformalternative für die zu gründende Infrastrukturgesellschaft dar“, urteilen die Wissenschaftler und verweisen auf schlechte Erfahrungen mit der Deutschen Bahn. Die vorgesehene „Evaluierung der Rechtsform“ sollte daher aus Sicht der Experten ersatzlos gestrichen werden, „um keinen Weg zu einem einfachen Wechsel der Rechtsform zu eröffnen.“

Ein Dorn im Auge wäre es Dobrindts Beratern auch, wenn nicht ausdrücklich für Schulden haftete, die die Infrastrukturgesellschaft aufnimmt. Das würde aus Sicht der Wissenschaftler nur unnötig die Fremdkapitalkosten erhöhen.

Ursprünglich hätte das Gesetzesvorhaben der Regierung, das auch Änderungen des Grundgesetzes nötig macht, bereits im Bundestag behandelt werden sollen. Wegen Einwänden aus der SPD-Fraktion wurde das in den Mai verschoben.

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