Geheimdienstabkommen Kontrollgremium berät Mittwoch über NSA-Affäre

Das Bundestagsgremium zur Kontrolle der Geheimdienste kommt an diesem Mittwoch zu einer Sondersitzung über die Spionage-Affäre um den US-Geheimdienst NSA zusammen. Dabei wird es auch um das mögliche Asyl für Edward Snowden gehen.

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Die starken Sprüche zur NSA-Affäre
Christian FlisekDer SPD-Obmann im NSA-Untersuchungsausschuss, Christian Flisek, sagte dem Bayerischen Rundfunk, sollte sich der Verdacht erhärten, dass zwei Jahre lang ein Spion der US-Geheimdienste beim Bundesnachrichtendienst (BND) gearbeitet und den Untersuchungsausschuss ausspioniert hat, wäre das ein „Skandal“ und „Angriff auf die parlamentarische Demokratie“. Dies müsste Konsequenzen haben, sowohl im Bereich der Zusammenarbeit der Geheimdienste als auch im Bereich der Politik. Quelle: dpa
Volker BeckDer innenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, sagte „Handelsblatt Online“: „Die Verantwortung für die Aktivitäten des BND liegen im Bundeskanzleramt. Wir erwarten, dass die Aufklärung über diesen Vorgang schonungs- und rückhaltlos von höchster Stelle angeordnet wird.“ Quelle: dpa
Bernd RiexingerDie Linkspartei sieht das Kanzleramt in der Verantwortung. „Alle Finger zeigen auf das Kanzleramt und dessen Chef“, sagte der Parteivorsitzende Bernd Riexinger der „Rheinischen Post“. „Der BND ist auf dem atlantischen Auge blind“, erläuterte er. Wenn die Spionageabwehr offenkundig noch nach den Mustern des Kalten Krieges funktioniere, stelle sich die Frage nach der politischen Verantwortung für eine Fehlsteuerung. Riexinger forderte, die Bundesregierung müsse den Amerikanern jetzt „die Zähne zeigen“ und das Parlament parteiübergreifend „gegen diesen Angriff auf seine Freiheit Stellung beziehen“. Quelle: dpa
Konstantin von NotzDer Grünen-Obmann im NSA-Untersuchungsausschuss, Konstantin von Notz, sagte den „Ruhr Nachrichten“, wenn sich der Verdacht bewahrheite, handele es sich um einen „ungeheuerlichen Vorgang“. „Es kann nicht hingenommen werden, wenn der NSA-Ausschuss, der die Ausforschung von Millionen Deutschen aufklären soll, selbst ausgeforscht wird.“ Ein solcher Vorgang müsste Konsequenzen haben. „Wenn sich die Vorwürfe bestätigen, müsste es auch gegenüber den Amerikanern eine deutliche Reaktion geben. Die Ausforschung eines Bundestagsgremiums ist keine Lappalie.“ Quelle: dpa
Larry PageAls nächster Spitzenmanager aus der Internet-Branche hat Google-Chef Larry Page das Überwachungssystem der USA kritisiert. „Für mich ist es außerordentlich enttäuschend, dass die US-Regierung das alles heimlich getan und uns nichts gesagt hat“, sagte Page beim Auftritt auf einer Konferenz in Vancouver. Mit „uns“ meine er nicht Google, sondern die Öffentlichkeit, stellte Page auf Nachfrage klar. „Wir können keine Demokratie haben, wenn wir Sie und unsere Nutzer vor Dingen schützen müssen, über die wir nie gesprochen haben“, sagte der Google-Mitgründer im Gespräch mit dem TV-Journalisten Charlie Rose auf der Innovations-Konferenz TED. Man müsse wissen, welche Überwachung die Regierung plane und warum. Quelle: REUTERS
James WoolseyWegen Hochverrat will der ehemalige CIA-Chef den NSA-Whistleblower Edward Snwoden verurteilen. Dem Fernsehsender Fox News sagte er: "Wenn er dann von seinesgleichen verurteilt wurde, sollte er an seinem Hals aufgehängt werden, bis er tot ist." Die harsche Äußerung ist eine Reaktion auf den Vorschlag des NSA-Mitarbeiters Rick Ledgett, der Snowden freies Geleit zusichern wollte, wenn dieser im Gegenzug die Enthüllungen unterließe. Quelle: AP
René ObermannTelekom-Vorstandschef René Obermann hat der Bundesregierung und der EU-Kommission vorgeworfen, zu wenig für die Aufklärung der NSA-Abhöraffäre zu tun. „Die Spitzeleien haben das Vertrauen in zwei Grundpfeiler unserer Gesellschaft, die freie Kommunikation und die Privatsphäre, erschüttert“, sie seien „sogar demokratiegefährdend“, sagte der scheidende Telekom-Chef dem „Handelsblatt“. Es sei Sache der Politik und nicht der Wirtschaft, gegenüber den USA die Einhaltung von Datenschutzstandards einzufordern. „Es ist fahrlässig, dass so wenig geschieht.“ Obermann forderte, den Datenschutz in der EU schnell zu vereinheitlichen. Quelle: dpa

Bundesregierung und Nachrichtendienste arbeiten als Konsequenz aus der NSA-Abhöraffäre weiter intensiv an einem Anti-Spionage-Abkommen mit den USA. Am Montag wollten die Präsidenten von Bundesnachrichtendienst (BND) und Bundesamt für Verfassungsschutz, Gerhard Schindler und Hans-Georg Maaßen, in Washington mit Vertretern der US-Geheimdienste über eine Vereinbarung zur künftigen Zusammenarbeit der Nachrichtendienste verhandeln. Nach dpa-Informationen sollten an den Gesprächen der Chef der umstrittenen National Security Agency (NSA), Keith Alexander, und US-Geheimdienstdirektor James Clapper teilnehmen.

Schindler und Maaßen sprechen nach diesen Informationen über ein Abkommen auf Arbeitsebene zwischen den Geheimdiensten. Vorstellbar sei, dass diese Vereinbarung auf Regierungsebene gehoben werde, hieß es weiter. Eine Vereinbarung auf Arbeitsebene war bereits im August ins Auge gefasst worden. Kanzleramtschef Ronald Pofalla hatte damals erklärt, die US-Seite habe der Bundesregierung den Abschluss eines No-Spy-Abkommens angeboten. Er habe BND-Chef Schindler gebeten, mit entsprechenden Verhandlungen zu beginnen. Über die Ergebnisse dieser Gespräche war zunächst nichts bekanntgeworden.

Im Zusammenhang mit der Affäre um das Handy von Kanzlerin Angela Merkel, das von der NSA abgehört worden sein soll, hatte vergangene Woche eine hochrangige Delegation aus dem Kanzleramt im Weißen Haus Gespräche geführt. Der außenpolitische Berater der Kanzlerin, Christoph Heusgen, sowie Geheimdienst-Koordinator Günter Heiß hatten mit Clapper, der Nationalen Sicherheitsberaterin Susan Rice, der Antiterror-Beraterin von US-Präsident Barrack Obama, Lisa Monaco, und NSA-Vize John Inglis verhandelt.

FAQs: So werden die Deutschen überwacht

Nach „Spiegel“-Informationen bewegen sich die USA bei den Gesprächen über ein Anti-Spionage-Abkommen auf Deutschland zu. Die Amerikaner seien bereit, auf Industriespionage zu verzichten und dies in der Vereinbarung schriftlich festzuhalten, schrieb das Magazin. Wesentliche Forderungen Berlins an Washington - auf deutschem Boden keine technische Aufklärung zu betreiben und den Regierungschef nicht zu überwachen - seien aber noch ungeklärt.


Snowden-Berichterstattung in Berlin

Was bei den Gesprächen in Washington herausgekommen ist, sollen Maaßen und Schindler am Mittwoch dem Parlamentarischen Kontrollgremium berichten. Dies wird nach Angaben aus Sicherheitskreisen erneut zu einer Sondersitzung zusammenkommen. Außerdem werde der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele über sein Treffen mit dem ehemaligen NSA-Mitarbeiter Edward Snowden berichten. Dass der Whistleblower Asyl in Deutschland bekommt, ist allerdings unwahrscheinlich, denn die Bundesregierung will es sich mit den USA nicht verderben. Berlin und Washington sind um eine Entschärfung des NSA-Konflikts bemüht. Regierungssprecher Steffen Seibert betonte: „Das transatlantische Bündnis bleibt für uns Deutsche von überragender Bedeutung.“ Alle Kontakte mit den USA über die NSA-Spähaffäre liefen in diesem freundschaftlichen Geiste ab.

Die Forderungen nach einer Befragung des Informanten Edward Snowden in Deutschland reißen aber nicht ab. Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele, der Snowden vorige Woche in Moskau getroffen hatte, forderte am Montag noch einmal sicheren Aufenthalt für den ehemaligen NSA-Mitarbeiter in Deutschland - „frei von US-Zugriff“. Die Regierung müsse alle Möglichkeiten nutzen, so dass Snowden in Deutschland aussage und Schutz erhalte. Er müsse nicht an die USA ausgeliefert werden. Dagegen sprachen sich deutsche Regierungsstellen und Unionsabgeordnete für eine Anhörung Snowdens in Moskau aus, wo ihm bis zum Sommer 2014 Asyl gewährt worden war. „Sollte ein Untersuchungsausschuss kommen, gibt es natürlich die Möglichkeit, Snowden in Russland zu befragen“, sagte der Sprecher des Innenministeriums, Jens Teschke.

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