Natürlich hat Frau Hünniger nicht Unrecht. Ein überzeugendes Konzept für zukünftig relevante Fragen kann keine Partei vorlegen. Wie lösen wir die Eurokrise? Wie bewältigen wir eine bezahlbare Energiewende? Wie verhindern wir massive Altersarmut, vor allem bei Pflegebedürftigen? Allerdings sind das genau die Themen, die vor allem unsere Generation noch lange etwas angehen werden. Die Frage, wie eine Partei mit der Eurokrise umgehen will, finde ich für meine Generation deutlich relevanter als für die Generation meiner Großeltern. Schließlich müssen wir den ganzen Scherbenhaufen am Ende aufkehren.
Wir sind zwar zahlenmäßig unseren Vorgänger-Generationen deutlich unterlegen. Aber Frau Hünniger zieht daraus die falschen Schlüsse. Denn umso wichtiger ist es, mit unserem Kreuz am Sonntag zu zeigen: „Wir sind da, und wir wollen ein zukunftsfähiges Deutschland“. Nicht zu wählen heißt dagegen, zu resignieren und den Älteren und ihren Themen kampflos das Feld zu überlassen. Denn die Annahme, Politiker würden eine hohe Zahl an Nichtwählern als Warnsignal auffassen, ist eine Illusion. Heißt: Wer nicht wählt, hat auch kein Recht sich über die politische Debatte in unserem Land zu beschweren!
Eins soll an dieser Stelle klar sein: Das alles gilt nicht nur für Frau Hünniger. Natürlich gilt das Recht auf freie Meinungsäußerung für Nichtwähler genauso wie für Wähler. Wer aber für sich selber beschlossen hat, dass keine Partei wählbar ist, der sollte auch andere nicht durch seine Klagelieder bei ihrer Wahlentscheidung beeinflussen.
Ich respektiere Menschen, die nicht wählen, schließlich herrscht in Deutschland Wahlfreiheit und nicht Wahlzwang. Verständnis habe ich dafür aber nicht. Und schon gar nicht für Nichtwähler, die sich gleichzeitig über die Politik beschweren. Wer nicht wählt, der darf auch nicht jammern. Im Übrigen: Ich bin am Sonntag auch nicht zu Hause – habe aber Briefwahl gemacht. Das ist nämlich fast so einfach wie Facebook.