Generalaussprache im Bundestag EU-Finanzen, Diesel, Schwarze Null – die 7 wichtigsten Aussagen von Kanzlerin Merkel

EU-Finanzen, Diesel, Schwarze Null – die 7 wichtigsten Aussagen von Kanzlerin Merkel Quelle: REUTERS

Bei der Debatte im Deutschen Bundestag hat Bundeskanzlerin Angela Merkel zu vielen Themen Stellung bezogen. Die wichtigsten Punkte ihrer Rede.

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1. ESM als Letztabsicherung für Bankenabwicklung

Bundeskanzlerin Merkel kann sich den Euro-Rettungsfonds ESM als Absicherung für Bankenabwicklungen in der Währungsunion vorstellen. Diese Letztabsicherung könnte beim ESM angesiedelt werden, wenn der Risikoabbau in den Bilanzen von Banken in der Euro-Zone auf nationaler Ebene vorangekommen sei. Sie stellte sich damit bei der Generaldebatte hinter Äußerungen von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), der am Dienstag eine solche ESM-Rolle schon vor dem bisher anvisierten Datum 2024 in Aussicht gestellt hatte. Merkel bekräftigte zudem das Vorhaben der großen Koalition, den ESM zu einem Europäischen Währungsfonds umzubauen.

2. Besteuerung von Google, Amazon, Facebook fraglich

Die EU-Pläne zur Besteuerung von Internet-Konzernen betrachtet Merkel mit Skepsis. „Natürlich ist das nicht in Ordnung, dass Google, Amazon und Facebook, wie sie alle heißen, keine Steuern in Europa zahlen“, sagte sie. Es sei aber fraglich, ob die Erfindung virtueller Betriebsstätten wirklich Abhilfe schaffe. „Deshalb sind wir zögerlich zu bestimmten Vorschlägen, die gemacht werden. Nicht weil wir nicht finden, dass man Steuern zahlen muss.“

Wenn das Körperschaftsrecht auf die Besteuerung der Internetkonzerne treffe, könne am Ende unklar sein, „ob das Auto ein rollendes Internet ist oder ob das Auto noch in die alte Körperschaftstheorie gehört“. Stattdessen müssten Steuersysteme gefunden werden, die miteinander kompatibel seien. „Deshalb sind die Arbeiten der OECD so wichtig, und deshalb können wir da jetzt nicht einfach einen Schlag machen und sagen, für zwei Jahre probieren wir da jetzt mal was aus“, warnte Merkel. „Wir müssen das vernünftig durchdenken. Das heißt aber nicht, dass wir nichts tun.“

3. Einigung mit Frankreich über EU-Finanzen bis Juni

Merkel ist nach eigenen Worten zuversichtlich, dass offene Finanzfragen zum EU-Haushalt und zur Euro-Zone bis zum EU-Gipfel im Juni gelöst werden. Die Bundesregierung werde mit Frankreich darüber sprechen, was nach dem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union in den EU-Haushalt gehöre und welche zusätzliche Absicherung gegebenenfalls die Euro-Zone brauche, sagte sie. „Wir werden bis zum Juni-Rat darüber auch Einvernehmen erzielen.“

Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte jüngst Deutschland einen zu strikten Sparkurs und mangelnden Mut bei der Reform Europas vorgeworfen. Bei der Entgegennahme des Karlspreises in Aachen forderte Macron die Bundesregierung zu höheren EU-Ausgaben auf und kritisierte einen „Fetischismus“ für Budget- und Handelsüberschüsse. Um in Europa voranzukommen, müsse man sich auch von Tabus lösen, mahnte Macron.

4. Hilfen für die deutsche Autoindustrie

Merkel hat der Autoindustrie Unterstützung bei den Entwicklungen von Zukunftstechnologien in Aussicht gestellt und sich skeptisch zu teuren Hardware-Nachrüstungen bei Diesel-Autos gezeigt. Es stelle sich die Frage, ob es die richtige Beschäftigung für die Automobilindustrie sei, Tausende von Euro und zwei bis drei Jahre Beschäftigung aller Ingenieure in die Hardware-Nachrüstung zu stecken. „Oder müssen wir nicht alle Kräfte zusammennehmen und der Automobilindustrie sagen, Ihr müsst jetzt in die Mobilität der Zukunft investieren – ins autonome Fahren, in alternative Antriebe – und da unterstützen wir euch dabei.“

Merkel warb auch für eine eigene Batteriezellenproduktion in Europa. Notwendig sei eine „strukturierte Förderung“. Sie sei dankbar, dass einige in der Automobilindustrie inzwischen umdächten. „Wir werden das unterstützen.“

Merkel nannte es „unfassbar“, welches Vertrauen die Automobilindustrie im Diesel-Skandal verspielt habe. Die Industrie müsse verloren gegangenes Vertrauen selber wieder gutmachen. Aber es könne auch nicht sein, dass die Politik die Industrie so schwäche, dass sie keine Kraft habe, in die eigentlichen Zukunftstechnologien zu investieren.

5. Verhältnis zu USA von „herausragender Bedeutung“

Trotz ihrer Kritik am Ausstieg aus dem Iran-Abkommen, betonte die Bundeskanzlerin die Bedeutung der transatlantischen Beziehungen. „Trotz aller Schwierigkeiten, die wir in diesen Tagen haben, sind und und bleiben sie von herausragender Bedeutung.“ Die Einbindung Deutschlands in die Nato und in die Europäische Union sei wichtig. „Ein Land alleine kann mit Sicherheit Sicherheit nicht garantieren.“

Das Atomabkommen nannte Merkel „alles andere als ideal“. Aber sie betonte, dass sich der Iran an die Verpflichtungen aus dem Abkommen halte.

Die Kanzlerin zeigte sich auch im Grundsatz mit Trump einig, dass es Handlungsbedarf beim Raketenprogramm Teherans und beim Agieren des Iran in den Konflikten im Nahen Osten gebe. Dies müsse aber ausgehend von dem bestehenden Abkommen angegangen werden, betonte sie. „Wir glauben, man kann besser sprechen, wenn man in diesem Abkommen bleibt.“

6. Höher Wehretat ist notwendig

Merkel verteidigt die deutliche Aufstockung des Wehretats in den nächsten Jahren. „Es geht nicht um Aufrüstung, sondern ganz einfach um Ausrüstung.“ Es gehe um eine Bundeswehr, die den heutigen Anforderungen Rechnung trage.

Die Soldaten müssten so ausgestattet werden, dass sie Auslandseinsätze gut absolvieren, aber gleichzeitig die wachsenden Aufgaben rund um die Landes- und Bündnisverteidigung bewerkstelligen könnten. Sie forderte eine ruhige Diskussion rund um den Wehretat und die Ausrüstung der Truppe. Die Regierung müsse helfen, dass auch der Wehrbeauftragte wieder positive Berichte schreiben könne.

Der Wehretat ist schon jetzt der zweitgrößte Posten im Bundeshaushalt. Für das laufende Jahr sind bislang 38,5 Milliarden Euro vorgesehen, für das kommende 41,5 Milliarden Euro.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hält für die kommenden Jahre jedoch einige Milliarden mehr für erforderlich. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte den Forderungen eine Absage erteilt.

7. Schwarze Null nicht selbstverständlich

Die Kanzlerin hob die Anstrengungen ihrer Regierung hervor, weiter auf neue Schulden im Bundeshaushalt zu verzichten. „Das ist alles andere als selbstverständlich“, sagte sie.

Deutschland werde außerdem im nächsten Jahr erstmals seit 2002 wieder die Euro-Schuldenobergrenze von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts einhalten. Dies stehe für einen Kurs der Gerechtigkeit für kommende Generationen.

Die große Koalition aus Union und SPD plant für 2018 mit Ausgaben von 341 Milliarden Euro. Der Haushalt soll nach den Beratungen im Parlament bis Anfang Juli beschlossen werden.

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