Generaldebatte Merkel warnt vor Nationalismus und kämpft für Migrationspakt

In der Generaldebatte im Bundestag ist besonders die Migrationspolitik der Bundesregierung Thema. Kanzlerin Merkel appelliert für mehr Toleranz.

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Berlin Deutschland muss sich nach den Worten von Kanzlerin Angela Merkel energisch für den Erhalt einer multilateralen Welt einsetzen. „Deutsches Interesse heißt, immer auch 'die Anderen' mitzudenken. Das ist der Erfolg von Europa. Das ist der Erfolg einer multilateralen Welt“, sagte Merkel am Mittwoch in der Generaldebatte im Bundestag.

Sie verteidigte in diesem Zusammenhang vehement den in der Union umstrittenen UN-Migrationspakt. Gerade wegen des Austritts Großbritanniens müsse die EU-Zusammenarbeit verstärkt werden, forderte SPD-Chefin Andrea Nahles. Die Opposition übte dagegen scharfe Kritik an der Regierungspolitik. Sie betreibe reine Selbstbeschäftigung, kritisierten Redner etwa von AfD und Grünen.

Nachdem AfD-Fraktionschefin Alice Weidel den anderen Parteien Scheinheiligkeit in der Spendenaffäre vorgeworfen und Fehler im Zusammenhang mit einer nicht angemeldeten Spende aus der Schweiz eingeräumt hatte, kritisierte Merkel nationalen Egoismus. Es sei „Nationalismus in reinster Form“, wenn man immer nur an sich selbst denke.

„Patriotismus ist, wenn man im deutschen Interesse auch Andere mit einbezieht und Win-Win-Situationen akzeptiert“, mahnte sie. Zugleich forderte sie ein weiterhin gutes Verhältnis zu Großbritannien auch nach dem Brexit.

Den in der Union umstrittenen UN-Migrationspakt verteidigte sie ebenso wie FDP-Chef Christian Lindner. „Dieser Pakt für Migration genauso wie der Pakt für Flüchtlinge ist der richtige Antwortversuch, globale Probleme auch international und miteinander zu lösen“, sagte die Kanzlerin.

Dies gelte auch, wenn nicht die „letzten Feinheiten“ geklärt seien. Der seit 2016 verhandelte Pakt soll weltweit Standards im Umgang mit Arbeitsmigranten festschreiben und Mitte Dezember in Marrakesch verabschiedet werden.

„Es ist besser, diesen Pakt zu haben als nicht“, sagte auch Lindner. Er kritisierte aber die mangelnde Kommunikation vor allem durch das Außenministerium. Auch das Handelsabkommen TTIP sei von der „politischen Linken durch Desinformation kaputtgemacht“ worden.

Dies dürfe sich beim Migrationspakt durch die politische Rechte nicht wiederholen. AfD-Fraktionschef Gauland attackierte dagegen den Migrationspakt: Dieser nenne die Bevölkerungsexplosion als „Hauptfluchtursache“ mit keiner Silbe. „Wer Europa als Abflussbecken dafür anbietet, wird Europa schwächen und Afrika kein bisschen helfen“, sagte er.

Während Redner der großen Koalition in der Generaldebatte auf eine Fülle von Reformen etwa im Sozialbereich verwiesen, warf Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter der Regierung vor, sie sei nur mit sich selbst beschäftigt. Weder für den sozialen Frieden, ein Abwenden der Klimakatastrophe noch für ein geeintes Europa gebe es Antworten. „Wir haben uns viel zu sehr an die Unfähigkeit von Regierungen gewöhnt“, sagte auch Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht. Sie kritisierte mangelnde Investitionen und soziale Missstände.

Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus verwies dagegen darauf, dass die große Koalition Familien entlaste, Kitas baue und die Situation im Pflegebereich verbessere. SPD-Chefin Nahles betonte, dass etwa 3,5 Millionen Geringverdiener mit einem Verdienst von bis zu 1300 Euro beim Rentenbeitrag entlastet würden, ohne Abstriche beim Rentenanspruch:

„Wer hart arbeitet und sich hier an die Regeln hält, der muss bei Rente und Gehalt spürbar auch über der Grundsicherung liegen.“ Das seien einige hundert Millionen Euro gut investiertes Geld, sagte die SPD-Fraktionschefin. 

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