Genossenschaften Große Begeisterung für die Kiez-Kapitalisten

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Bürgerenergie Siebengebirge

Wer bei der Nachhaltigkeit punktet
Gelsenkirchen Quelle: obs
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Herne Quelle: dpa/dpaweb
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Mönchengladbach Quelle: dpa/dpaweb
Essen Quelle: AP

Das 2009 gegründete Netzwerk, zählt inzwischen 233 Mitglieder – darunter sind neben dem Bürgermeister Handwerker und Vertreter der örtlichen Volksbanken. Insgesamt haben sie rund 2000 Anteile je 500 Euro gezeichnet. Zuerst investierten sie in Sonnenstrom: Zehn kleinere Anlagen wurden auf Schulen oder Sporthallen geschraubt, eine größere steht auf einem Streifen Land in der Nähe des Gewerbegebiets bei Buke.

Als Nächstes möchten die Lichtenauer Geld in die Windmühlen investieren und alte Rotoren durch leistungsfähigere ersetzen. Das wird schwer: Zwar würde die Zahl der Windräder sinken, doch die Neuen wären dann bis zu 180 Meter hoch – und 40 Kilometer weit zu sehen. „Kritiker sagen schon jetzt, dass wir nachts ein Rotlichtmilieu haben – wegen der Beleuchtung“, sagt Merschjohann.

Auszahlen aber würde es sich, verspricht Heinz Sonntag, ebenfalls im Vorstand der Energiegenossenschaft und im Hauptberuf Vorstandschef der Volksbank im nahen Salzkotten. Mit dreieinhalb bis vier Prozent Dividende nach Steuern könnten die Mitglieder rechnen. Bisher sind sieben Millionen Euro im Einsatz, eine Million stammt von den Mitgliedern. Für Sonntag gehört die Genossenschaft zum dörflichen Leben wie Freiwillige Feuerwehr, Spielmannszug und Schützenverein: „Lebensqualität gibt es hier nur, wenn die Bürger die Dinge selber gestalten“, sagt der 63-Jährige.

Strom vom Sonnenhügel

Auch Claudia Owczarczak aus Königswinter bei Bonn hat Nachbarn und Naturfreunde zusammengetrommelt, um am Solarboom teilzuhaben. Noch ist die Kooperative klein, dennoch soll die Bürgerenergie Siebengebirge fünf bis sechs Prozent Rendite abwerfen. Die Grünen-Politikerin warb zur Gründung 2011 gleich einen Prominenten von der politischen Konkurrenz an. Der damalige Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) hat zwei Anteile gezeichnet. Nun ist der Ex-Minister aus dem Rheinland Mitinhaber der Anlage auf der Grundschule Sonnenhügel, die an Tagen ohne Regen 240 Euro einbringt.

Die nächste Investition stockt. Zwar gibt es genug öffentliche Dächer. Doch: „Für jedes weitere Projekt ist so eine Rendite nicht mehr zu stemmen“, sagt die 43-Jährige. Mit schuld ist Norbert Röttgen, der als Minister die Kürzung der Subventionen für die Solarstromerzeuger anschob, die so lohnend war. So hat der Politiker Röttgen dem Genossen Röttgen die Rendite vermiest.

Die Energiewende beeinflussen will auch eine neue Gruppe in der Hauptstadt, die BürgerEnergie Berlin. Die Mitstreiter wollen das Berliner Stromnetz kaufen. Im Vorstand sitzt die erst 26-jährige Luise Neumann-Cosel. „Bisher treffen nur sehr wenige große Energieunternehmen die wichtigen Entscheidungen“, beklagt die Diplom-Geoökologin. „Wir denken, es muss demokratischer ablaufen, damit die Energiewende klappt.“

Doch die in Berlin geplante Übernahme ist immens. Noch kennt niemand den Preis, zu dem das Stromnetz der Hauptstadt für die Zeit nach 2014 ausgeschrieben wird. Ein hoher dreistelliger Millionenbetrag wird es sein. Bisher betreibt der Energiekonzern Vattenfall das Netz – und will das wohl auch weiter tun.

Bevor es Ende 2012 oder Anfang 2013 zum Showdown kommt, präsentiert sich die BürgerEnergie Berlin als Truppe kühl rechnender Kaufleute: „Das Stromnetz bietet ein hoch rentables Geschäft, das gut kalkulierbar und stabil ist“, sagt Neumann-Cosel. „Das wichtigste unternehmerische Ziel ist, die Leute sicher mit Strom zu versorgen.“ Die Bürgergenossen würden die Mitarbeiter und das Know-how übernehmen. Aber eben auch über das Geschäft mitbestimmen. Bis zu neun Prozent Rendite gesteht die Bundesnetzagentur Betreibern der Stromverbindungen zu.

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