Berlin Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum geht nach dem Abbruch der Jamaika-Gespräche durch die FDP auf Distanz zu Parteichef Christian Lindner. Es sei eine Meisterleistung Lindners gewesen, die Partei erneuert und wieder in den Bundestag gebracht zu haben, sagte Baum dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Donnerstagausgaben) laut Vorabbericht. „Jetzt ist nach dem Aus bei den Sondierungen eine neue Phase eingetreten.“ Die Verantwortung für den Abbruch werde vor allem der FDP zugeschrieben. „Die FDP trägt jetzt eine Last mit sich. Sie hat einen Glaubwürdigkeits- und Vertrauensverlust erlitten.“
Schaue man sich die Umfragen genau an, zeige sich Unzufriedenheit bei Stammwählern und neuen Wechselwählern, insbesondere aus wirtschaftsnahen Kreisen, sagte Baum. „Sich einer Wahl zu stellen heißt vor allem, zur Übernahme von Verantwortung bereit zu sein und auch unangenehme Kompromisse zu schließen. Ich hätte das gewagt“, fügte der 85-Jährige hinzu. Er riet, die Absage dürfe nicht zementiert werden. Die Liberalen müssten koalitionsoffen bleiben.
In Umfragen war die FDP zuletzt auf eine Zustimmung von acht Prozent abgesackt. Bei der Bundestagswahl hatte sie noch 10,7 Prozent der Stimmen errungen. Vor allem Lindner selbst hat deutlich an Popularität eingebüßt. Aus der Wirtschaft waren unterschiedliche Stimmen gekommen. In der Partei selbst war bisher keine ernsthafte öffentliche Kritik an Lindner laut geworden.