Geschlechtsneutrale Sprache Grüner Gender-Star* erzürnt CDU-Politiker

Die CDU muss sich in Baden-Württemberg an so einiges gewöhnen. Als Juniorpartner der Grünen erfahren sie nun auch, was es heißt, über Geschlechterneutralität nicht nur zu sprechen, sondern sie auch zu leben.

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Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und der baden-württembergische CDU-Vorsitzende Thomas Strobel (r.) präsentieren den unterschriebenen Koalitionsvertrag für die bundesweit erste grün-schwarze Landesregierung. Quelle: dpa

Berlin Steffen Bilger gilt als Nachwuchshoffnung in der CDU. Mit seinen 37 Jahren hat er schon einiges erreicht: Er ist Vorsitzender der Jungen Gruppe der Unions-Bundestagsfraktion, seine Fraktion hat ihm mit der Elektromobilität ein wichtiges Zukunftsthema anvertraut, und er war CDU-Verhandlungsführer in verkehrspolitischen Fragen bei den grün-schwarzen Koalitionsgesprächen in Baden-Württemberg. Den Koalitionsvertrag hat der Schwabe quasi mitgeschrieben.

Bilger könnte also zufrieden sein. Doch der Christdemokrat ärgert sich. Ihn stört, dass die von den Grünen geführte Landesregierung das ausgehandelte Regierungsprogramm auf Twitter mit einer geschlechtsneutralen Sprache anpreist.

Der Koalitionsvertrag sei „ein demokratisches Reifezeugnis und das Ergebnis intensiver Verhandlungen guter Demokrat*innen“, schreibt das zuständige Staatsministerium. Bilger stößt sich an dem Sternchen-Symbol. Benutzt wird es als sprachliches Hilfsmittel, um verschiedene Geschlechter und Identitäten zu berücksichtigen.

Davon hält der CDU-Politiker reichlich wenig. Und er fordert die Landesregierung via Twitter ultimativ auf: „Lassen Sie bitte endlich diese grüne Genderschreibweise in Landesregierungs-Tweets bleiben!“

Bilgers Forderung dürfte jedoch kaum Gehör finden. Die Verwendung des Gender-Sterns ist bei den Grünen seit vergangenem November Pflicht. Einen entsprechenden Beschluss fasste die Partei auf einem Bundesparteitag.


„Habt ihr nichts Wichtigeres zu tun?“

Die Grünen wollen demnach künftig in Beschlüssen alle Menschen einbeziehen, „die sich nicht in ein binäres System der Geschlechter einordnen können oder wollen“. Erreicht werden soll das mit dem „Gender-Star“ - einem kleinen „*“ im Wort. Etwa wie „Bürger*innen“ - nicht mehr nur mit dem Binnen-I wie „BürgerInnen“.

Immerhin: Auf zweimal „gendern“ in einem Wort wollen die Grünen verzichten. In Beschlüssen stolpert man also nicht über Wortungetüme wie „Verbraucher*innenschützer*innen“.

Obwohl sich die Grünen-Delegierten damals nur wenige Minuten mit der Einführung des Gender-Star befasst haben, fing sich die Partei mit ihrem Beschluss spöttelnde Reaktionen ein. „Habt ihr nichts Wichtigeres zu tun?“, sei sie immer wieder von Medienvertretern, aber auch Parteimitgliedern gefragt worden, schrieb die frauenpolitische Sprecherin der Grünen, Gesine Agena, in einem Gastbeitrag für „Zeit Online“.

„Aber ja doch“, konterte sie die Kritik und führte diverse andere Themen an, die auch dem Parteitag in Halle eine Rolle gespielt haben. Etwa die Anschläge in Paris und die Konsequenzen daraus, die Flüchtlings- und Arbeitszeitpolitik sowie die Themen Wirtschaft und Klima.

Zugleich verteidigte Agena den Parteitagsbeschluss. Und sie betonte, dass es um eine innerparteiliche Regelung für Grünen-Beschlüsse gehe und nicht darum, „dass wir fordern, die deutsche Sprache im Allgemeinen zu verändern“. Mit dem Gender-Antrag hätten sich die Grünen dafür entschieden, eine Sprache zu verwenden, die alle Menschen meine: „Mit dem Gender-Star“, so Agena,  „wollen wir für Frauen, Lesben, Schwule, Bisexuelle, transgender, trans- und intersexuelle Personen (LSBTTI) eine Sichtbarkeit schaffen. Denn politische Sprache bildet Wirklichkeit.“

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