
„Statt kliniknahe und hoch spezialisierte Facharztgruppen, die die stärksten Zuwächse hatten, noch weiter zu fördern, sollten wir die Rahmenbedingungen für dringend benötigte Hausärzte attraktiver machen“, sagte Gerlach im Gespräch mit der WirtschaftsWoche.
Um die ärztliche Grundversorgung zu gewährleisten, müsste die bisherige Entwicklung gestoppt werden. „Wir können nicht länger einfach nur mehr Geld in das System pumpen und mit der Gießkanne verteilen. Das hatte unter anderem zur Folge, dass die Zahl der niedergelassenen Fachärzte zwischen 1993 und 2009 um 50 Prozent zugenommen hat. Die Zahl der Hausärzte nahm zugleich um knapp acht Prozent ab.“
Eine Umgestaltung des Honorarsystems müsse auch die medizinische Versorgung auf dem Land verbessern, fordert Gerlach. „Die Anreize müssen darüber hinaus so gestaltet werden, dass auch die Menschen auf dem Land oder in ärmeren Stadtteilen gut versorgt werden. Es wäre nicht hilfreich, wenn in Zukunft an jedem zweiten Hauseingang an der Berliner Friedrichstraße ein Praxisschild hängt – und in Brandenburg die Versorgung zusammenbricht.“
Zudem müsse das Honorarsystem grundsätzlich verändert werden. Das Gesunden des Patienten müsse belohnt werden, nicht die dauerhafte Behandlung. „Unser System setzt noch stark auf Anreize, die Menge belohnen. Bei uns werden etwa ständig mehr sogenannte Linksherzkatheter eingesetzt. Pro Einwohner sind das bereits doppelt so viele wie in der Schweiz. Das weist auf eine mögliche Überversorgung hin. Es gibt Bereiche, in denen zu viel diagnostiziert und therapiert wird.“ Das spiegele sich auch in den Arbeitsverträgen von Chefärzten wider, die einen Bonus erhalten bei wirtschaftlichem Erfolg. „Das heißt, wenn sie mehr machen, etwa mehr operieren, werden sie finanziell belohnt. Überspitzt gesagt ist dies ein Anreiz, die Menschen krank zu halten.“