Gesundheitsexperte Lauterbach „PKV lohnt sich nur noch für Beamte“

Die SPD möchte eine einheitliche Bürgerversicherung mit verschiedenen Anbietern. Die Union will am aktuellen, zweiteiligen System festhalten. Quelle: dpa

SPD-Experte Lauterbach kritisiert eine „ungerechte“ Subventionierung der privaten Krankenversicherung durch Beihilfe für Staatsdiener. Beamte sind bei Privatkassen jetzt in der Mehrheit, die Zahl der übrigen Versicherten sinkt seit sieben Jahren.

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Unter den rund 8,7 Millionen privat Krankenversicherten in Deutschland stellen nach jüngsten Zahlen Beamte nun die Mehrheit. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, der sich um den Parteivorsitz bewirbt, kritisierte, für jeden Staatsdiener in der Privatkasse zahlten die Steuerzahler über die Beihilfe extra. „Das ist unverdient und ungerecht“, sagte Lauterbach. „Die Privatversicherung lohnt sich nur noch für Beamte.“ Die private Vollversicherung werde deshalb nicht mehr lange überleben. „Je mehr Junge das System verlassen, desto teurer und unkalkulierbarer wird es für die Verbliebenen.“

Die Zahl der privat versicherten Beamten, die vom Staat Beihilfe zu den Krankheitskosten bekommen, steigt und lag nach aktuellen Branchenzahlen zuletzt bei 4,396 Millionen. Die Zahl der übrigen Mitglieder der Privaten Krankenversicherung (PKV) sinkt seit sieben Jahren stetig. Ihre Zahl lag nach PKV-Angaben bei 4,341 Millionen.

Die SPD strebt eine einheitliche Bürgerversicherung mit verschiedenen Anbietern an, in die alle Versicherten nach Einkommen einzahlen. Die Union will am zweigeteilten System festhalten. Fachärzte argumentieren, ohne Privatpatienten lohne sich ihre Praxis nicht. Sie finanzierten Kassenpatienten mit.

Lauterbach verteidigte, dass wechselwillige PKV-Versicherte verstärkt die von der SPD eingeführte Brückenteilzeit nutzten. Wer als Angestellter dann beim Gehalt unter etwa 60.000 Euro im Jahr rutscht, kann in die gesetzliche Kasse zurück. „Ich kann es keinem verdenken, dass man jedes Schlupfloch nutzt, um aus der Privaten zu fliehen“, rechtfertigte Lauterbach. „Die PKV ist im Gesundheitssystem das, was die Braunkohle in der Energieversorgung ist – nicht nachhaltig.“

Mehrere Bundesländer versuchen seit 2018 zudem, ihre Beamten langfristig zu gesetzlich Versicherten zu machen und bieten neu Eingestellten dafür eine pauschale Beihilfe an. Nach Hamburg waren das Berlin, Bremen, Brandenburg und Thüringen. Die in Baden-Württemberg regierenden Grünen favorisieren auch das „Hamburger Modell“.

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