GEW-Chefin Tepe „Digitaler Unterricht weiterhin nicht ausreichend vorbereitet“

Während der Schulschließungen im März „war die Unsicherheit groß, welche Angebote man nutzen darf. Das auch über Videokonferenzen unterrichtet werden kann, war bisher kein Thema“, erklärte Marlis Tepe. Quelle: dpa-Zentralbild

Die GEW-Chefin Marlis Tepe kritisiert, dass angesichts neuer Schulschließungen viele Lehrkräfte und Schulen nicht auf digitalen Unterricht vorbereitet seien. Dazu sei auch die Ausstattung an Schulen oft schlecht.

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Angesichts neuer Schulschließungen sind viele Lehrkräfte und Schulen weiterhin nicht auf digitalen Unterricht vorbereitet, kritisiert GEW-Chefin Marlis Tepe. Zwar dürften „die meisten“ Lehrerinnen und Lehrer“ das Werkzeug Videokonferenzen „zwar beherrschen, weil sie sich selber fortgebildet und ausprobiert haben“. „Aber wirklich gut vorbereitet sind viele Schulen weiterhin nicht, die Landesregierungen haben die Ferienzeit zu wenig für die konzeptionelle Arbeit genutzt“, sagte Tepe im Gespräch mit der WirtschaftsWoche. Sie erwarte deshalb ein Schuljahr, „mit viel Improvisation“.

Unterricht mit Schülern zu gestalten, sei „etwas ganz anderes als eine Videokonferenz mit Arbeitskollegen zu organisieren“. Während der Schulschließungen im März „war die Unsicherheit groß, welche Angebote man nutzen darf. Das auch über Videokonferenzen unterrichtet werden kann, war bisher kein Thema“, erklärte sie.

Auch gebe es bisher „in keinem Bundesland eine Regelung“ für die künftig wohl häufigen Fälle, in denen Schüler wegen Schnupfens bis zum Ergebnis des Coronatests nach Hause geschickt würden. Diese seien in dieser Zeit dann wohl quasi vom Unterricht abgeschnitten.

Der digitale Unterricht scheitere aber nicht etwa am Willen der Lehrer, sondern an der fehlenden Infrastruktur: „Die digitale Ausstattung der Schulen ist in der Regel katastrophal“, sagte Tepe. Nur etwa zehn Prozent der Lehrkräfte würden die notwendigen Geräte wie Tablets und Laptops durch ihre Schulen gestellt bekommen, private PCs dürften aber nicht genutzt werden: „Mutig agierenden Kollegen sind wie in Thüringen sogar Bußgelder vom Datenschutzbeauftragten angedroht worden“, erklärt Tepe. In den Schulen selbst müssten sich teils 1000 Kinder 100 Laptops teilen. „Wie soll man denn da seine Stunde planen, wenn man überhaupt nicht weiß, ob man die Tablets abbekommt?“

Um die Lehrkräfte besser vorzubereiten, fordert sie mehr Ausbildung in digitaler Didaktik: „Natürlich erwarten wir, dass die Lehramtsanwärter im Studium und im Referendariat lernen, mit digitalen Medien zu arbeiten.“

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